Manche sagen, der Oberbilker Lessingplatz habe das Potential der neue Fürstenplatz zu werden. Aber so schnell schießen die Preußen nicht, nicht mal in Oberbilk. Fakt ist: Rund um den Lessingplatz wohnt mittlerweile eine ziemlich bürgerliche Klientel. Im Schatten der Sankt Appolinaris, deren Glocken im Viertelstunden-Takt die Zeit anzeigen, lebt es sich ganz gut. Dennoch würde keiner der Anwohner auf die Idee kommen, sich abends mal auf den Platz zu setzen. Mit einem Bierchen vom Büdchen. Oder gar einem Prosecco. Von Gastronomien fehlt sowieso jede Spur. Selbst wenn sie jemand aufmachen wollen würde, es gäbe nicht mal die entsprechenden Immobilien. Es gibt nur einen einzigen Laden am Platz: das Back-Eck. Letzteres ist ein Kleinod, wie man es sonst nur im Mecklenburg-Vorpommern oder dem tiefsten Brandenburg findet. Das Angebot ist überschaubar. Die wenigen Brote haben seltsame Preise wie 2,94 Euro. Die Frau vom Back-Eck wirkt oft, als habe sie zu viel zu tun. Daran kann auch die Meditationsmusik nichts ändern. Wenn man so in ihre vor Hektik flackernden Augen schaut, wünscht man der Frau vom Back-Eck ein bisschen Entspannung. Das hat sie nun auch eingesehen und macht Urlaub. Auf einer griechischen Insel. Schön für sie. Doof für die Kundschaft. Das Back-Eck bleibt nämlich wegen ihres Urlaubs zwei Wochen lang geschlossen.
Wie es der Zufall will, ist ausgerechnet zu der Zeit, in der die Frau vom Back-Eck urlaubt, mal was los am Lessingplatz. Für den 13.9. kündigen Anwohner ein Straßenfest an. Das dazugehörige Poster sieht aus, als wäre es für ein Kita-Fest gemacht. So etwas hätte es in Flingern oder Bilk nicht gegeben, dafür hätten die zahllosen Grafikdesigner mit zu viel Tagesfreizeit schon gesorgt! Auf hellblauem, schräg gestreiftem Grund prangt ein Elefantenkopf, in lustigen Kreisen ist das Programm annonciert. Neben einem afrikanischen Trommelworkshop und dem obligatorischen Kinderschminken kommt auch der letzte Messerschleifer in ganz Düsseldorf zum Lessingplatz Straßenfest. Einen Trödelmarkt gibt es auch. Allein das mit der Stand-Anmeldung ist dumm gelaufen. Anmelden kann man sich nämlich im Back-Eck.
13.9., 11-19 Uhr, Lessingplatz, Düsseldorf
4 Kommentare
KommentierenLiebe Kommentierer,
die Heftigkeit eurer Reaktionen hat mir ein bisschen Angst gemacht. Selten habe ich mich so missverstanden gefühlt. Um es ganz klar zu sagen: Ich bin bekennender FAN des Lessingplatzes, gerade weil er so gar nicht Düsseldorf ist. Keine Prosecco-Trinker. Keine Burgerläden. Keine Grafikdesign. Und ein Straßenfest, bei dem der Messerschleifer kommt! Jederzeit würde ich den Lessingplatz dem Fürstenplatz oder dem Flingeraner Hermannplatz vorziehen. Deshalb bin ich vor einigen Jahren bewusst ins Veedel hinter dem Bahnhof gezogen. Doof nur, dass ich mich dort jetzt kaum noch vor die Tür traue, geschweige denn zum Back-Eck, weil ich Angst habe, einen von euch zu treffen und dann nicht nur verbal auf die Mappe zu bekommen. Ich streue also Asche auf mein Haupt und wünsche mir nichts als Frieden. Für Oberbilk. Für den Lessingplatz. Und für mich.
Alexandra Wehrmann
PS: Isabella, wenn am Kiosk-Häuschen mal wieder was los ist, gib mir gerne Bescheid. Das ist bisher immer an mir vorbeigegangen.
Was will dieser Beitrag nur mitteilen? Das die Schreiberin den Lessingplatz uncool findet? Kann sie ja, aber warum ist sie dann da? Das es in Bilk viele arbeitslose Designer gibt? Hmmmmm! Das die Glocken von St. Apollinaris zu oft läuten? Sollen selbige im zehn Minutentakt Laut geben? Einmal die Stunde? Was ist hier nur die Botschaft??
Was, bitte, Frau Wehrmann, ist das denn???
Ich wohne seit zehn Jahren am Lessing-Platz, finde es toll hier und freue mich über alles, was diesem Platz Leben, Farbe und ein wohliges Gefühl des Miteinanders einhaucht.
Okay, es gibt sie (noch?) nicht in Scharen, die Nerdbrillenträgerinnen & Hipsterbartzurschausteller, aber ist das schlimm? Nö, nicht wirklich. Sieht auf Dauer ja auch immer gleich und irgendwie langweilig aus. Sie können mich also ruhig „bürgerlich“ nennen und am Fürstenplatz was-auch-immer vor sich hindesignen. Ich lass sie dort auch gerne dieses oder jenes Getränk vor St. Antonius schlürfen (muss unbedingt mal hören gehen, wie oft da so die Glocken läuten), solange sie „die Frau vom Backeck“ ihrer Arbeit oder eben auch ihrem Urlaub nachgehen lassen. Wie und wann sie das eine oder das andere macht und welche Musik sie dabei hört, ist doch ihre Sache, oder? Ich finde, ganz nebenbei bemerkt, dass ihre Augen nicht hektisch flackern, sondern freundlich strahlen. Aber mir erschien ja auch das Fest-Plakat sogar nicht kitamäßig!
Ach, wie dem auch sei: Ich würde Menschen, die man gedanklich eher dem Fürstenplatz zuordnen würde, allerdings vom Lessingplatz auch nicht wegjagen. Sind hier ja schließlich nicht wirklich in Brandenburg. Ich sehe das ganz locker…
Aber: Verflixt noch mal, obwohl ich einen akademischen Hintergrund habe, werde ich einfach nicht so richtig schlau aus Ihrem Text:
Mokieren Sie sich über uns, weil wir statt Prosecco zu trinken, Brote zu „seltsamen Preisen“ kaufen? Oder über die Fürstenplatzianer, weil sie über „zu viel Tagesfreizeit“ verfügen?
Nehmen Sie Anstoß an Kirchengeläut oder an afrikanischem Trommeln?
Bedauern Sie den Mangel an Kneipen, Cafés, Bars geschweige denn angesagten Shops oder wollen Sie jegliches Ansiedeln von ebensolchen durch Ihren Bericht verhindern?
Hm?!
Ich glaube, ich interpretiere ihn als eine Ahnung, dass hier ganz lässig ein netter Platz wächst, vielleicht eben doch ein F-Platz 2.0?
Liebe Alexandra, schade, dass Dir der Lessingplatz nicht gefällt ! Du hast wohl recht, der Hype vom neuen Fürstenplatz ist ziemlich weit hergeholt. Aber am Bierkonsum auf dem Platz mangelt es bestimmt nicht 🙂 Allerdings gibt’s keine Prosecco-Trinker, was aber vielleicht auch gut so ist. Auch finden sich immer wieder Anwohner, gerade im Sommer, die Abends hier Boule spielen, picknicken, Geburtststag feiern oder einfach zusammen die eine oder andere Flasche Wein köpfen.
Deine Aussage, hier wäre nichts los, kann ich auch nicht teilen. Es finden immer wieder spontane kleine Musikabende am kleinen Kiosk-Häuschen statt. Man muss halt Glück haben und gerade vorbeikommen 🙂 Nächste Woche z.B. das 1. Mitsing-Picknick!
Für nette Gastronomie reichen ein paar Schritte: so lieg z.B. das DreiRaum am Ende der Volksgartenstraße.
Das morgige Straßenfest ist übrigens komplett privat organisiert, das BILP hat damit nicht zu tun. Leider haben wir keinen Graphiker in unserer Gruppe, sodass wir nicht mit einem super-stylischen Plakat aufwarten können. Gerne freuen wir uns über graphisch begabte Mitstreiter 🙂
Dass gerade jetzt das Back-Eck zu hat ist natürlich schade, aber die nette Dame betreibt es allein, da hat sie auch mal Urlaub verdient. Wir haben daher auf den Plakaten nochmal eine neue Info angebracht, dass eine Anmeldung zum Trödeln auch per E-Mail möglich ist. Übrigens viel einfacher als beim Trödel auf dem Fürstenplatz: dort muss man sich persönlich an einem bestimmten Tag anmelden und erstmal laaaange im Regen anstehen 😉
Das Kiosk-Häuschen steht übrigens jeden offen, der gerne ein Veranstaltung organisieren will. Einfach beim Jugendamt nachfragen.
Es gibt auch eine neue Gemeinschaftseite zum Lessingplatz https://www.facebook.com/lessingplatz.oberbilk , da erfährt Du was los ist.
Vielleicht schaust Du ja mal wieder vorbei 🙂
Viele Grüße
Isabella von urbanereklame