Lars Evers im Interview – „Die Stadt vernachlässigt ihr kreatives Potenzial“

In den lokalen Medien wurde zuletzt viel über das Schauspielhaus berichtet. Über den Umzug. Die Interimsspielstätte Central. Die unwirtliche Umgebung, in die sich die Abonnenten nunmehr begeben müssen. Über die Theaterfabrik hingegen liest man selten mal was. Dabei ist ihr Modell durchaus ein erfolgreiches. Entstanden ist das Off-Theater aus einer freien Theatergruppe, in den Anfangstagen spielte man im Wohnzimmer einer Privatwohnung. Seit nunmehr elf Jahren existiert die schnuckelige Spielstätte an der Luisenstraße. Dort hat am 30. Januar die neue Produktion Premiere: „Ein Bandenstück“. theycallitkleinparis sprach mit Lars Evers, der gemeinsam mit Cornelius Kabus das Theater leitet.

Worum geht es in „Ein Bandenstück“?
Um Revolution. Die Berliner Bürger haben genug. Die Banken haben die Stadt ausgesaugt, es gibt immer neue Sparprogramme für die Bürger, aber die wahren Schuldigen der Krise kommen vor kein Gericht. Das hat einen Aufstand zur Folge. Eine so genannte Commune übernimmt Berlin und stellt die Schuldigen vor ein Tribunal.

Von wem stammt der Text, habt ihr den selber verfasst?
Wir inszenieren frei und orientieren uns an einem Stück von Lutz Hübner, das wir aber mit Passagen aus Klassikern anreichern. So kommen zum Beispiel Texte von Goethe, Shakespeare, Wilhelm Busch und Deichkind zum Tragen.

Die Tatsache, dass die Politiker vertrieben werden und ausgerechnet ins Exil nach Bonn gehen, lässt darauf schließen, dass „Ein Bandenstück“ nicht ausschließlich ernst daherkommt. Handelt es sich um eine Komödie?
Komödie und Tragödie liegen ja oft nah beieinander. Es gibt sicherlich viele witzige Momente, wobei diese zum Ende des Stücks allmählich von den tragischen abgelöst werden.

Trotzdem geht es um die, die man eine Zeit lang Wutbürger nannte. Die aufbegehren. Gegen Politiker. Gegen Banken. Möchtet ihr Menschen motivieren, gegen Missstände auf die Straße zu gehen statt sie bei Facebook zu thematisieren?
Das Tribunal in unserem Stück sind sicherlich nicht die Wutbürger, sondern engagierte junge Menschen, die Gerechtigkeit suchen, aber letztendlich an ihrer Ideologie scheitern. Zudem sind die Schuldigen im „Bandenstück“ physisch greifbar. Es gibt Angeklagte. In unserer heutigen Zeit ist es ja oft schwer, einen Schuldigen auszumachen. Man sagt immer DIE Bank, DIE Manager, DIE Konzerne. Aber wer sind die? Das ist doch die interessante Frage. Oft wissen wir es nicht. Daher pauschalisieren wir. Da ist es leicht, über Facebook eine Meinung zu verbreiten. Irgendjemanden trifft das schon.

Wie lang habt ihr Zeit gehabt, das Stück zu erarbeiten?
Das Stück ist Teil eines Theaterprojekts, die Arbeit daran hat sich über ein halbes Jahr erstreckt. Geprobt wurde immer mittwochs – und an diversen Wochenenden.

Wie viele Leute sind an der Produktion beteiligt?
Auf der Bühne stehen 15 Darsteller, dazu kommen zwei Regisseure, eine Assistenz, ein Techniker und ein Bühnenbildner. Macht also genau 20 Menschen.

Wie finanziert ihr den Theaterbetrieb?
Leider werden wir weder von der Stadt Düsseldorf noch vom Land institutionell gefördert, daher sind wir auf Spenden und Projektfördermittel angewiesen. Der übliche Wahnsinn der Freien Szene in dieser Stadt, die viel Geld für einen Tourstart ausgibt, aber ihr kreatives Potenzial im Kern vernachlässigt. Vielleicht täte auch hier mal eine Revolution gut…

Was steht bei euch in naher Zukunft an? Welche Stücke werden zur Aufführung kommen?
Wir wollen uns 2016 mehr auf Eigenproduktionen der Theaterfabrik konzentrieren. Wir haben eine sehr schöne Projektidee für Straßentheater. Das wollen wir machen, Details müssen aber noch geheim bleiben. Die Proben dafür beginnen im Februar, nach der Bandenstück-Revolution.

Ein Bandenstück: 30.&31.1., 6.&7.2., jeweils 20 Uhr, Theaterfabrik, Luisenstr. 120, Düsseldorf; die Vorstellungen am 30.&31.1. sind bereits ausverkauft!

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