Max Fiedler im Interview – „Ich habe wieder richtig Bock auf Graffiti bekommen“

Max Fiedler macht dort Urlaub, wo viele Düsseldorfer gerne entspannen. Drei Wochen war er mit seiner Familie an der Nordsee, auf Sylt. Bevor er sich auf die Insel verabschiedete, hat er allerdings noch eine weitere künstlerische Duftmarke im öffentlichen Raum der Landeshauptstadt gesetzt. Gemeinsam mit drei anderen Künstlern hat Fiedler aka Mexer nämlich die Seitenwand des Hauses an der Franklinstraße 47 in Pempelfort bemalt. Über das Projekt erzählt er im Gespräch mit theycallitkleinparis.

Von wem kam der Auftrag, das Haus zu bemalen?

Das Projekt wurde vom Kulturamt getragen mit Unterstützung vom Bürgermeisterbüro und der Wirtschaftsförderung. Kuratiert hat Kosta Jakson aka Kj263 und organisiert wurde es von Haseläuft.

Werden dann nur die Arbeitsmittel gestellt oder bleibt auch eine Bezahlung für die Künstler übrig?

Neben dem Geld für Material und den Steiger, also die Arbeitsbühne, gab es selbstverständlich auch Künstlerhonorare.

Wie lange habt ihr an dem Bild gearbeitet?

Wir haben fünf Tage gebraucht plus einen Tag für das Vorbehandeln der Wand mit Tiefengrund und später einen Vorstrich mit Fassadenfarbe.

Die Nachbarn in Pempelfort waren ja zunächst skeptisch. Wie konntet ihr die Bedenken zerstreuen?

Die Nachbarn und hier speziell die Bürgerinitiative PRO-Franklinstraße haben vier Jahre lang für den Bau der „Grünen Oase“ vor dem VHS-Gebäude im Franklinhof gekämpft. Die hundertjährigen bis zu 25 Meter hohen Platanen sollten ursprünglich einem Ausbau des Schulgeländes weichen. Es ist also verständlich, dass die Nachbarn zunächst etwas irritiert waren, als wir vier Vögel da ans Werk gingen. Die Zeit war knapp bemessen und so haben wir nicht gerade lang gefackelt. Wir kamen aber sofort mit den Nachbarn und auch mit der Bürgerinitiative ins Gespräch. Bedenken und Sorgen konnten dann schnell ausgeräumt werden.

Das Bild ist in Zusammenarbeit zwischen dir und drei weiteren Künstlern entstanden: zwei Mitgliedern von Broken Fingaz und dem schon erwähnten Kj263. Wie kam es zu der Konstellation? Kanntet ihr euch vorher schon?

Kj263 hat die beiden Jungs von Broken Fingaz bei einem Kunstaustausch in Israel kennengelernt, sie kommen aus Haifa. Nun gab es anlässlich der 70-Jahre-NRW-Feier ein Wiedersehen. Mit Kosta bin ich schon länger befreundet und wir haben auch schon größere Wände zusammen realisiert mit der Kombo The Band, bestehend aus Magic, Kj263, Dexter the Weird, Roman Klonek und mir. Er hat mich netterweise eingeladen und mit ins Boot geholt.

Was kannst du uns über die anderen Künstler verraten?

Die beiden Künstler aus Haifa sind Deso und Unga aus der Broken Fingaz-Crew. Zwei sehr nette Dudes, die konzentriert und professionell zusammengearbeitet haben. Sie haben quasi alles zu zweit gemalt, also fast immer gleichzeitig. Es war eine Freude, ihnen bei der Arbeit zuzuschauen. Sie waren sehr entspannt und nett und obwohl sie schon ziemliche Nummern sind, kein bisschen abgehoben. Kj263 ist ebenfalls ein sehr aktiver und routinierter Graffiti-Maler. Er hat neben seinem einzigartigen Stil, den er sehr konsequent durchzieht, ein großen Organisationstalent und kommt mit jedem gut klar.

Wie teilt man sich die Arbeit an der Wand praktisch auf?

Da wir wussten, dass wir nacheinander arbeiten müssen, weil die Jungs aus Haifa nicht so lange Zeit hatten, haben wir uns für ein klar aufgeteiltes, grafisches Raster entschieden mit zwei gleichgroßen, vertikal gespiegelten Flächen.

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Skizze für das Haus Franklinstraße, Foto: Melanie Stegemann

Was kannst du uns zum Motiv sagen?

Der Ort an der Franklinstraße ist eine kleine Oase und mir kam direkt ein Paradiesvogel in den Sinn. Ich habe das Theaterstück „Garten Eden“ am Jungen Schauspielhaus illustrativ begleitet. Das Stück stellt die Frage: ‚Wo und was ist für dich das Paradies?‘ Und kommt zu dem Schluss: Man kann nur eins, entweder zu Hause sein oder im Paradies. Beides geht nicht und ist noch keinem Menschen gelungen. Wenn du einmal drin bist, kommst du so bald nicht wieder heraus. Hieraus entwickelte sich das Konzept. Es gibt das biblische Zitat der Schlange von Unga, aber wir wollten das auch nicht zu offensichtlich machen, deshalb haben wir auch den Apfel wegfallen lassen. Stattdessen finden sich vor dem Maschendrahtzaun aus Ästen Holunderzweige und -beeren als Reminiszenz an den Ort. Der alte Holunderbusch links unten vor der Fassade war sehr präsent, er hat uns bei der Arbeit gestört, wir haben uns schon ein wenig mit ihm arrangieren müssen. Gott sei Dank haben wir ihn nicht angerührt, er ist den Nachbarn nämlich sehr wichtig und der Holunder ist ja auch eine magische Pflanze, schläft man unter einem Hollerbusch, gelangt man ja der Sage nach ins Feenreich. Das Farbkonzept kam von den Broken Fingaz. In Haifa, erzählten sie, sieht man oft solche intensiven Farben. Hier hatten sie schon ein wenig Bedenken, weil sie sich sehr abheben von der Umgebung. Meiner Meinung nach kommt das aber besonders im oberen Teil der Wand sehr geil, gerade bei schönem Wetter und blauem Himmel. Insgesamt sind wir jedenfalls froh, dass das Bild so farbenfroh geworden ist.

Ihr habt frei gesprüht, ohne Schablonen. Dafür braucht man sicher viel Übung, oder?

Ja, besonders wenn man wie ich aus der Übung ist. Nein, im Ernst, obwohl man bei so großen Motiven gar nicht unbedingt sauber arbeiten muss, sind die Sachen von Kj, Unga und Deso alle sehr sauber, was man auch auf den Fotos gut erkennen kann.

Und wie waren die Reaktionen, als das Ganze fertig war?

Wir haben im Grunde nur positive Reaktionen auf das Bild bekommen. Der Künstler, der die roten Kästen in die Platanen gehängt hat, hatte zunächst große Bedenken und tat das sogar im Bürgermeisterbüro kund. Ein besonderer Dorn im Auge war ihm der Vogel, also mein Part. Ich habe ihn leider nicht kennengelernt, um die Sache persönlich mit ihm zu besprechen. Wir glauben, er hatte Angst, der Vogel würde einen zu platten Bezug auf seine Baumkästen herstellen, die wohl keine Vogelhäuser sein sollen.

Welche Projekte stehen in naher Zukunft bei dir an?

Graffiti-Projekte zurzeit leider keine, obwohl ich durch die Aktion wieder richtig Bock drauf bekommen habe. Ich habe gerade ein Kindercomic fertiggestellt, Antonia war schon mal da. Dafür plane ich eine kleine Ausstellung. Desweiteren arbeite ich gerade intensiv mit meinem Kollegen Arnold Rauers von tinytouchtales am Nachfolger unseres Mobile Games Card Crawl. Ist also insgesamt viel zu tun.

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