Robert Pufleb im Interview – „Es schien, als wollten sie mich an Bord beamen“

Der Kontrast könnte größer kaum sein. In einem der schiefergetäfelten Fachwerkhäuschen am Gräfrather Markt in Solingen stellt Robert Pufleb derzeit extraterrestrisch anmutende Fotografien aus. Was genau die schwarz-weißen Aufnahmen zeigen, deutet der Düsseldorfer Fotograf nur an. Davon abgesehen gibt er sich im Gespräch mit theycallitkleinparis, wie man ihn kennt: mitteilsam.

Deine Ausstellung in der Galerie Art-Eck in Solingen verspricht „Begegnungen der dritten Art“. Gibt es außerirdisches Leben in Gräfrath?
Da kann man sich nie ganz sicher sein, wenn man meinen UFOs gegenübersteht, könnte man denken, wenn es das in China gibt, dann vielleicht auch hier? Sie sind unter uns… Auf jeden Fall macht man schon einen Zeitsprung, wenn man sich den Gräfrather Marktplatz mit seinen bergischen schiefergetäfelten Fachwerkhäuschen so anschaut.

Überschrieben ist die Schau mit dem Titel „U.F.O.“ Ohne zu viel zu verraten: Was genau verbirgt sich hinter den unbekannten Flugobjekten?
Ich traf auf sie beim nächtlichen Umherstreifen im Stadtgebiet der chinesischen Megacity Chongqing und war auf einmal gefangen im Focus ihrer Lichtstrahlen. Es schien, als ob sie mich an Bord beamen wollten. Nein im Ernst, sie sind einfach die höchste Abstraktionsstufe von diversem urbanen Inventar, das ich dort fotografierte, welches, kann man sich jetzt vielleicht denken.

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Foto: Robert Pufleb

Du betonst ja stets, dass du die Motive weder suchst noch findest. Ich frage also mal ganz vorsichtig: Was war die Initialzündung für die Serie?
In meiner fotografischen Arbeit ergibt sich vieles aus dem Vorhergehenden. Durch meine Bewegungen im urbanen Raum treffe ich auf verschiedenste visuelle Impulse, die ihrerseits Prozesse in Gang bringen, welche sich wie bei einer Kettenreaktion multiplizieren und verzweigen. Das formt meine Art des Sehens. Ich begebe mich quasi mit meiner eigenen visuellen Grundausrichtung ins Geschehen und reagiere mit dem Fluidum des jeweiligen Ortes. Heraus kommen ganz unterschiedliche Reagenzien, die je nach Charakter des Ortes variieren.

In Chongqing hast du zwei Monate im Rahmen eines Arbeitsstipendiums vom Kulturamt verbracht. Wie viele Aufnahmen sind in der Zeit entstanden?
Weiß ich nicht genau, ich gehe von circa 500 Bildern aus, die zu „Streetstills“, „WORKS“ oder einer anderen Serie werden. Sie müssen teilweise auch erst reifen und als Prints gut abhängen, bevor ich sie verwende. Mein Atelier ist sozusagen die Reifekammer.

Und wie viele aus der Serie „U.F.O.“?
40. To be continued.

Als Fotograf bist du viel auf Reisen. Wie ergiebig war Chongqing für dich im Vergleich mit anderen Städten wie zum Beispiel Moskau?
Das ist relativ. Zu fotografieren ist eine Sache. Bilder werden daraus erst mit der Zeit. Das kann manchmal viel länger als der eigentliche Aufenthalt dauern. Vielleicht ergeben sich auch Verbindungen mit Aufnahmen anderer Orte und erst dann funktionieren sie. Synergie. Dabei geht es auch nicht um die Exotik der Städte, sondern banale Alltäglichkeit weltweit. Everydaylicity. Ein Kunstwort, das ich erfunden habe und der Titel meiner Alltagsserie von lebensbegleitenden Fotografien. Es geht um Aussagen über den ungestellten Zustand der Welt. Ob in einem Bild, einer Kombination oder einer ganzen Serie. Ort oder Anzahl ist egal.

Du sprichst ja, vermute ich jetzt mal, kein Mandarin. Wie hast du dich in der Stadt, einer Metropole mit 30 Millionen Einwohnern, orientiert und verständigt?
Ganz simpel. Am Anfang habe ich immer Fotos gemacht von den wichtigsten Stationsschildern der U-Bahn, denn die sind fast ausschließlich in chinesischer Schrift. Dann die Stationen gezählt und die Umgebung gemerkt. Und in den Garküchen durch einfaches Zeigen auf die Speisen des Nachbartisches. Oder sich einfach überraschen lassen. Englisch sprachen nämlich nur manche Künstler, aber es gibt ja auch ein paar Sprach-Apps, die manchmal sogar funktioniert haben. Ansonsten mit Händen und Füßen, was bei den offenen und freundlichen Leuten dort immer wieder unterhaltsam und informativ war, allerdings auf eine andere Art.

Hast du die Serie, als du wieder zurück in Düsseldorf warst, fortgeführt?
Ja, mittlerweile treffe ich sie auch europaweit. Wie gesagt, sie sind unter uns.

Wo hast du hier in Klein-Paris U.F.O.s gefunden?
Direkt vor meiner Ateliertür, unter anderem.

Wohin führt dich deine nächste Reise?
Nächstes Jahr peile ich wieder einen China-Aufenthalt an, aber bis dahin werde ich mich noch im europäischen Ausland tummeln.

Und was hast du sonst für künstlerische Pläne für den Rest des Jahres?
Drei Buchprojekte sind im Entstehen, die ich spätestens Anfang nächsten Jahres in der Hand haben möchte – und im passenden Rahmen präsentieren werde.

Robert Pufleb: „U.F.O.“, bis 8.11., Art-Eck, Küllersberg 1, Solingen, Fr 14-19, Sa 10-14 Uhr

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