Lierenfeld gehört zu jenen Düsseldorfer Vierteln, die so gar nicht mit den herkömmlichen Landeshauptstadt-Klischees zusammenpassen wollen. Von operierten Pelz-Ladys, Designerklamotten und Prosecco-Vernissagen fehlt hier jede Spur. Hat das Veedel überhaupt irgendwas zu bieten? Und, wenn ja, was? Polizist Dirk Sauerborn lädt für den 18. Februar zu einem Rundgang durch den laut RP „unterschätzten Stadtteil“. theycallitkleinparis hat vorab mit ihm gesprochen.
Du bietest am 18. Februar einen Stadtteilrundgang durch Lierenfeld an. Viele würden jetzt vermutlich sagen: Lierenfeld, da gibt es doch nichts zu sehen. Was entgegnest du denen?
Da gibt es viel zu sehen. Ich zitiere einfach mal die Überschrift der RP, die über den letzten Rundgang berichtete: „Lierenfeld, der unterschätzte Stadtteil.“ Es gibt viel zu entdecken, Historisches, Innovatives, Traditionelles, Interkulturelles, Interreligiöses, Bauwunder und Bausünden. Vor allem aber tolle Menschen.
Stadtmarketingtechnisch werden ja die ewig gleichen Stadtteile in die erste Reihe gerückt. Altstadt. Medienhafen. Flingern. Dabei ist das nur ein kleiner Ausschnitt.
Ja, deshalb auf nach Lierenfeld, Garath und Unterrath! Und natürlich nach Oberbilk.
Den Lierenfeld-Rundgang organisierst du gemeinsam mit der Pfarrerin Inga Bödeker. Wie kam es zu der Kombination?
Zufall? Nein. Wir haben uns in der Kita auf der Leuthenstraße kennengelernt. Die damalige Kita-Leiterin, Frau Kunt, hat sehr viel Aufmerksamkeit auf eine interkulturelle Erziehung gelegt und war von der Idee des Lierenfeld-Rundgangs ganz begeistert. Der ist übrigens beim Runden Tisch in Lierenfeld, zu dem Pfarrerin Bödeker regelmäßig einlädt, entstanden.
Gleich zwei Stationen des Rundgangs sind Kirchen. Ist das Christentum damit nicht ein wenig überrepräsentiert?
Das ist mir noch gar nicht aufgefallen. 2015 waren wir schon mal dort, ein Flüchtlingshelfer hat über seine Arbeit berichtet. Es ging also gar nicht so sehr um das Religiöse.
Du bist Polizist. Und als solcher Kontaktbeamter für interkulturelle Angelegenheiten. Wie schwierig ist es deiner Erfahrung nach, Menschen mit Migrationshintergrund für so ein Angebot wie den Stadtteilrundgang zu erwärmen?
Das ist wirklich eine Herausforderung. Wir werben ganz viel. Die Anzahl der Teilnehmer mit Zuwanderungsgeschichte ist bisher überschaubar. Und natürlich wird keiner gezwungen. Bin mal gespannt, wie viele am 18.2. dabei sein werden.
Wenn du nicht gerade einen Stadtteilrundgang vorbereitest, wann bist du selber in Lierenfeld?
Immer wieder. Auf der Posener Straße und auf dem Kuthsweg, bei Kontaktgesprächen mit Vertretern der dort ansässigen Moscheegemeinden im Rahmen meiner Hauptaufgabe. Und bei Erörterungen mit Vertretern der Sinti-Union. In Lierenfeld ist ja eine Siedlung der Sinti.
Die Tour endet am Factory Campus, einem großen Co-Working-Space. Ist das der erste Vorbote der Gentrifizierung im Veedel? Im benachbarten Flingern-Süd sind derartige Tendenzen ja bereits zu erkennen.
Ich hoffe nicht. Es ist nicht unser Ziel, Vorbote zu sein. Wir wollen informieren, Türen öffnen, Dialog anregen. Vielfalt darstellen, Möglichkeiten im Stadtteil. Ängste nehmen, wenn sie denn vorhanden sind.
Welche sind die nächsten Touren, die du anbietest? Holthausen? Reisholz? Hellerhof?
Am 11.3. durch Derendorf, im Rahmen des internationalen Frauentages. In Kooperation mit Respekt und Mut, die Idee hatte Volker Neupert.
18.2., 10 Uhr, Evangelische Kirche, Gather Weg 109, Düsseldorf
1 Kommentar
KommentierenHoch interessant ! Lierenfeld, hmm, das ist zuerst das Stahlwerk, das Rheinbahn Depot, der uselige Höherweg …. ich bin gespannt.
Danke für den Tipp