Die großen Themen des Lebens #4: Liebe (1/2)

Mario hat Sehnsucht. Nicht nach einer Frau, sondern nach Sizilien. Auf dem Handy schaut er sich die Fotos seiner Freunde an, die im Süden Italiens leben. Guiseppe, Mariano, Piero und die anderen. Mariano hat ihm neulich geschrieben „Mario, wir warten alle auf dich.“ Aber dieses Jahr wird es nichts werden mit einem Besuch im Süden. Wie auch letztes und vorletztes Jahr nicht. „Ich war schon drei Jahre nicht mehr in Messina“, seufzt Mario, während er Teller abtrocknet. „Kein Geld.“ Stattdessen ist er in Düsseldorf und ebenda umzingelt von Wahlplakaten. „Patrick Lindner“ von der FDP findet er besonders schlimm. Aber die anderen seien auch kaum besser, schnaubt er und verteilt verbale Watschn quer durch alle Parteien. Mit einer Ausnahme. „Man kann eigentlich nur Die Linke wählen“, so sein Fazit. Im Enuma, so haben seine nicht repräsentativen Gäste-Umfragen ergeben, wählen übrigens alle Die Linke. Dennoch soll es um Politik an diesem Abend ebenso wenig gehen wie um den schnöden Mammon. Stattdessen haben wir uns auf das Thema Liebe geeinigt. Eigentlich wollte Mario dazu gar keine Auskunft geben. Aber dann hat er sich doch überreden lassen. Unter den großen Themen des Lebens darf die Liebe auf keinen Fall fehlen. Schließlich ist sie unter den großen Themen eins der größten, vielleicht sogar das größte.

 

Mario, wie viele wichtige Frauen gab es in deinem Leben?
Das ist eine gute Frage. (Zeit gewinnen. Er will Zeit gewinnen.)

Ich stelle nur gute Fragen.
(Er überlegt weiter.) Die Nonne im Waisenhaus. Meine Mutter. Meine erste Freundin war gut, Nanni. Und Tanja war auch gut.

Das sind vier.
Ja. Mehr gibt es nicht.

Wie lange dauerte die längste Beziehung deines Lebens?
12 Jahre.

Mal in einer Dreiecksbeziehung gelebt?
Was? (Empörung in seiner Stimme. Ich wiederhole die Frage, obwohl ich weiß, dass er sie genau verstanden hat.) Gibt es nicht. (Den Satz sagt er immer, um Dinge zu umschreiben, die für ihn persönlich ABSOLUT UNVORSTELLBAR sind. Wie ein Kind, das sich die Augen zuhält.) Du musst wissen, die wahre Liebe ist ohnehin die zum Verein. Zum AC Mailand. (Ablenkungsmanöver seinerseits. Durchsichtig. Gehe trotzdem mal drauf ein. Stimmung hochhalten!)

Wenn wir da im Bild bleiben, lebst du ja doch in einer Dreiecksbeziehung. Denn du hast ja auch noch einen zweiten Verein: Borussia Mönchengladbach. Nächste Frage: Warst du mal in einen Mann verliebt?
Willst du mich verarschen?

Ich will dich provozieren.
Neeeeiiin. (Langgezogenes Nein. Wie bei Kindern, die ein ekliges Insekt entdeckt haben.) Ich bin katholisch, italienisch, konservativ.

Nun ja, der Katholizismus hat ja bekanntermaßen noch niemanden von irgendwas abgehalten. Schon mal per SMS Schluss gemacht?
Nein. Wenn wir was zu sagen haben, dann direkt. Face to face. (War klar. Mario hat Prinzipien.)

Bist du bei Tinder?
Nein, auch auf keiner anderen Dating-Plattform. Ich hab‘ doch Tinder bei mir im Laden. Gegen das Angebot im Laden ist Tinder Schrott. (Überlegt und macht eine Kehrtwendung.) Aber unterschätz‘ Tinder nicht. Da gibt es auch gute Leute. Bestimmt sind auch Gäste aus dem Enuma bei Tinder. Viele sind ja verzweifelt, weil sie im wahren Leben niemanden mehr finden. Ich für mein Teil glaube nur das, was ich sehe. Virtuell ist alles gelogen. Das interessiert mich gar nicht.

Ein wahrer Satz über die Liebe?
„Geht auch vorbei.“ Der ist allerdings nicht von mir, sondern von meinem Freund Viktor.

Lass uns mal ins Detail gehen. Du hast deine erste große Liebe schon erwähnt. Nanni. Gibt es einen Song, den du mit ihr verbindest?
Gute Frage. Ich glaube, es gibt keinen. Könnte ich dir jetzt zumindest nicht sagen. Aber sie war Blondie-Fan. Und Madonna fand sie damals auch gut.

Dann reden wir vermutlich über die Achtziger Jahre. Wie alt warst du, als du mit Nanni zusammenkamst?
Wir waren beide Anfang zwanzig. Nanni war anderthalb Jahre jünger als ich. Sie ist Jahrgang 1962.

Und woher kanntet ihr euch?
Wir haben uns in Gladbach kennengelernt. In Rheydt. Wir haben uns gesehen, ich weiß gar nicht mehr genau, wo das war. Jedenfalls war die Sache gleich klar. Für mich und für sie auch. Nanni ist dann allerdings erst mal einen Monat nach Frankreich gefahren, in den Urlaub. Und ich habe gewartet. Später bin ich wegen ihr nach Gladbach gezogen. Sieben Jahre waren wir zusammen. Das war eine schöne Zeit.Vor vier Jahren habe ich sie übrigens noch mal wiedergesehen. Bei einer Beerdigung. Ich habe aber nicht versucht, wieder Kontakt aufzunehmen.

Was mochtest du an ihr?
Der Typ war gut. Nanni war einfach cool. Sie hat mich zum Lachen gebracht. Wenn ich ehrlich zu mir bin, war das die beste Frau, die ich hatte. Wir waren einfach nur zu jung.

Neigst du zur Eifersucht?
Nee, nicht wirklich. Meine Freundinnen konnten immer machen, was sie wollten. Ich hab‘ da keine Angst. Wenn ich Angst hätte, hätte ich keine Beziehung. Wenn man einmal lügt, dann ist es sowieso vorbei. Dann gibt es keine Basis mehr. Null. Du musst immer ehrlich sein, auch zu dir selbst. Das ist die Grundvoraussetzung. Wenn du nicht ehrlich in einer Beziehung bist, kannst du gleich einpacken. Wenn du fremdgehen willst, wofür hast du dann eine Beziehung? (Typisch Mario. Immer klar verortet. Einerseits, andererseits? Gibt es nicht.)

Und wie ist es um die Romantik bei dir bestellt?
Romantik? Keine Ahnung. Ich habe auf jeden Fall immer viel Geld für Blumen ausgegeben. Sehr viel. Tanja hat mal zu mir gesagt ‚Mario, ich dachte, solche Rosen gibt es nur in Hollywood‘. Was habe ich die beballert! Wenn es Stress gab und sie wollte Schluss machen und ich wollte sie zurückhaben…

Liebe vor Leuten hat nichts zu bedeuten. Würdest du dem zustimmen?
Natürlich nicht. Ich denke, du selber musst wissen, wie tief die Bindung ist. Das muss man überhaupt keinem zeigen. Das ist genauso, wie mit denen, die wirklich Geld haben. Die zeigen es auch nicht. Nur die, die nichts haben, machen dicke Welle.

Jemanden „Schatz“ zu nennen, hat ja auch so etwas Demonstratives.
Ja, furchtbar! Das sagt ja jeder. Meine Mutter hat früher immer jeden Schatz genannt. Gioia heißt das auf italienisch. ‚Das kannst du zu deinem Mann sagen‘, habe ich ihr gesagt, ‚aber doch nicht zu allen anderen‘.

Was hast du denn beispielsweise Nanni genannt?
Ticki hieß die. Ich habe sogar noch ein Foto, auf dem das so drauf steht.

Das Bild hast du mir, glaube ich, mal gezeigt. Nanni war ja sehr attraktiv. Gleiches gilt auch für Tanja. Gefällt es dir, wenn andere Männer deine Freundin begehren?
Nee, das spielt für mich keine Rolle. Ich bin doch der König. Ist doch gut, wenn sie alle meine Frau haben wollen und ich bin die Nummer eins. Die meisten sind doch sowieso nur Luschen. Guck sie dir doch an!

Der zweite Teil des Gesprächs folgt in Kürze.

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