Thomas Klefisch im Interview – „Penetranz fällt mir schwer“

In den vergangenen 60 Monaten kannte der Künstler Thomas Klefisch nur ein Motiv: sich selbst. Jeden Monat hat er ein neues Selbstporträt produziert. Eine Sammlung aller 60 Werke ist nun in Buchform zu haben. Zudem ist eine Auswahl der Arbeiten noch bis Januar im Hotel Innside Seestern Düsseldorf ausgestellt. Grund genug für theycallitkleinparis, Herrn Klefisch mal ein paar Fragen zu stellen.

 

Thomas, du hast in den vergangenen 60 Monaten 60 Selbstporträts von dir geschaffen. Ein Akt der gnadenlosen Selbstverliebtheit?
Selbstliebe ist die Grundvoraussetzung für moralisches Handeln. „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. Oder „Was du nicht willst, dass man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andern zu“. Aber um auf deine Frage zu kommen: nein, kein Akt der Selbstverliebtheit. Allein schon, weil ich durch die Betrachtung zum Objekt werde und sich dadurch die Distanz erhöht.

In welchen Situationen und Umgebungen zeigen die Bilder dich?
In Alltagssituation in nicht alltäglichen Umgebungen oder in alltäglichen Umgebungen in nicht alltäglichen Situationen.

Und was verraten sie über deine jeweilige Stimmungslage und Lebenssituation?
Das sind Lagen oder Situationen, wie sie jeder kennt. Ich habe lediglich versucht, die visuelle Entsprechung bei mir zu finden. Welche Fläche in meinem Gesicht zum Beispiel für Traurigkeit zuständig ist.

Auf einigen Bildern hast du dich auch als Frau verewigt. Warum das nun wieder?
Ich verbinde mit bestimmten Körpern bestimmte Eigenschaften. Damit meine ich allerdings nicht so etwas wie weiblich = weich. Bestimmte weibliche Körper oder ihre körperlichen Attribute vermitteln oft besser, was ich sagen möchte. Leider steht mir aber diese körperliche Ausstattung nicht zu Verfügung, deshalb habe ich sie auf den Bildern ergänzt.

Gab es Momente, in denen du deiner überdrüssig warst?
Meiner nicht so sehr, aber meines Abbilds…

Du hast dir für jedes Bild genau einen Monat Zeit gelassen. Pünktlich zum Monatsbeginn hast du dann die jeweils neue Arbeit in Form einer Reproduktion an 60 Freunde, Förderer und Galerien verschickt. „arte penetrantia“ hast du das genannt. Braucht man als Künstler eine gewisse Penetranz, um auf sich aufmerksam zu machen?
Das weiß ich nicht, ich kann auch nur für mich sprechen. Mich hat diese Regelmäßigkeit entlastet, weil ich mir 60 Monate keine Gedanken um Vermarktung, die ja Teil der Penetranz ist, machen musste.

Und fällt dir Penetranz leicht?
Wie gesagt, dieses Vorgehen fiel mir leicht. Penetranz fällt mir schwer. Aber jemandem etwas zu schicken, empfinde ich auch nur bedingt als penetrant.

Im Hotel Innside Düsseldorf Seestern zeigst du derzeit rund ein Viertel der Arbeiten aus der Serie. Wonach hast du die ausgewählt?
Durch die längere Auseinandersetzung rückte während der 60 Monate klar das Gesicht, die eingangs bereits angesprochenen Flächen, in den Vordergrund. Die ausgewählten Arbeiten zeigen das am Besten. Ein weiteres Kriterium war die Architektur des Hotels, diese große freistehende Wand, die das Innen, die Zimmer, also das Intime im Hotel, vom Außen, dem Restaurant und Empfang, trennt. Passend zu dieser räumlichen Situation habe ich versucht, Bilder zu finden, in denen mein Innen und Außen sichtbar wird.

Im Time Magazine war zu lesen, dass Düsseldorf die Stadt ist, in der die meisten Selfies entstehen. Machst du auch welche?
Äußerst selten, wenn ich davon ausgehe, dass ein Selfie ein Selfie ist, wenn es auch hochgeladen wird. Als Material während oder vor dem Malprozess kommen Fotos von mir aber durchaus vor.

Bis 18.1. Hotel Innside Seestern Düsseldorf, Niederkasseler Lohweg 18a

Thomas Klefischs Buch „1 – 60, 60 Monate, 60 Bilder“ ist im Grupello Verlag erschienen. Es kostet 24 Euro.

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