Die Macher des Open Source Festivals warten Jahr für Jahr mit neuen Ideen, Formaten, Ergänzungen des Etablierten auf. 2018 bekommt das Festival einen eigenen Congress. Er findet am Festival-Vortag ebenfalls auf der Galopprennbahn Grafenberg statt. Alicia Holthausen, seit vielen Jahren Teil des OSF-Teams, ist künstlerische Leiterin des Congresses. theycallitkleinparis hat mit ihr gesprochen.
Alicia, was genau darf man sich unter dem Open Source Festival Congress vorstellen?
Der Congress ist eine Erweiterung der Idee des Festivals. Auf dem Festival vernetzen wir diverse Bereiche der Kreativität miteinander. Wir sind ja kein reines Musikfestival, sondern haben auch Inputgeber aus Kunst, Design, Architektur und diversen weiteren Kreativbereichen vor Ort. Mit dem Congress bringen wir das ganze Konzept auf eine theoretischere Ebene, mit Keynotes, Talks, Panels und Experiences von internationalen Speakern aus den unterschiedlichsten Branchen. Allen gemein ist ihr kreativer, innovativer Lösungsansatz eines bestehenden Problems beziehungsweise einer Fragestellung. Der 13. Juli ist also sozusagen Theorie, der 14. dann Praxis.
Eine Erweiterung des Festivals von einem auf zwei Tage stand ja schon seit längerem im Raum. Nun hättet ihr ja auch einen zweiten Tag mit Musik machen können. Warum habt ihr euch für dieses Format entschieden?
Wir wollten auch mal etwas anderes machen. Der praktische Teil des OSF funktioniert mittlerweile ziemlich gut. Warum also nicht mal einen Schritt in ein neues Aufgabengebiet wagen und den Besuchern auch etwas Anderes bieten? Wir sind ein kreatives Team mit vielen verschiedenen Interessensgebieten, die weit über Musik hinaus reichen. Da lag es nahe, eine Erweiterung des Festivals nicht nur in der Musik zu suchen.
Inhaltlich geht es beim Congress nicht ausschließlich um Musik, sondern auch um Design, Philosophie, Politik, Digitalisierung oder Biologie. Kannst du drei, vier Beispiele für Speaker und ihre Inhalte geben?
Oberthema des Congresses ist Kreativität und Innovation. Dabei interessiert uns der Weg mehr als das eigentliche Endprodukt. Wie hat Kreativität jemandem dabei weitergeholfen, sein Ziel zu erreichen? Das kann in allen möglichen Branchen interessant sein. Wir möchten über den Tellerrand der klassischen Kreativberufe schauen, komplexe Fragestellungen von diversen Seiten beleuchten und miteinander verknüpfen.
Einer der Speaker ist Peter Verstrate. Er ist CEO von MosaMeat aus Maastricht und entwickelt Fleischersatzprodukte, die so aussehen wie Fleisch, schmecken wie Fleisch und sogar bluten wie Fleisch. Er hat erkannt, dass wir uns, wenn wir in Zukunft die Menschen ernähren wollen, nicht auf die Fleischindustrie verlassen können und sollten und hat einen Weg gefunden, auch für Fleischliebhaber ein Alternativweg anbieten zu können. Fynn Kliemann, bekannt vor allem für seine Heimwerker-Videos bei YouTube und für seinen eigenen Staat, das sogenannte Kliemannsland, ist ein typischer Tausendsassa. Obwohl erst Ende Zwanzig, hat er schon zahlreiche Firmen gegründet, Projekte gestartet und vor allem Dinge gebaut. Sein Motto ist „Einfach machen“ und genauso lebt er auch. Abseits von dem vielen Projektblabla, das Menschen seiner Generation oft von sich geben und aus dem dann sowieso nichts wird, packt Fynn einfach an. Total inspirierend und mit einer großen Lebensfreude. Doktor Maren Urner hat das Problem erkannt, in dem die Medien heute stecken und hat kurzerhand ihre eigene Plattform Perspective Daily gegründet, auf der es konstruktiven Journalismus zu lesen gibt. Entfernt von Filterblasen und Fake News finden Leser dort sehr gut recherchierte Beiträge, die Probleme erkennen, verstehen und Lösungsansätze vorschlagen.
Einer der größten Namen im Programm ist sicher Richard David Precht. Er hat zuletzt im Düsseldorfer Schauspielhaus eine 3-teilige Vortragsreihe absolviert. Zu welchem Thema wird er sprechen?
Precht spricht bei uns in der ersten Keynote des Tages über die Zukunft des Menschen in der Digitalisierung und Automatisierung. Außerdem wird er im Panel „Future“ mit Miriam Schilling (Head of HR von VAUDE), Roland Schüren (Bäcker und E-Transporter-Entwickler) und Dr. Stephan Muschick (Geschäftsführer der innogy Stiftung für Energie und Gesellschaft) über Arbeit, Freizeit und Moral in unserer aller Zukunft diskutieren.
Der Congress beginnt morgens um 9 und dauert bis 22 Uhr abends. In der Zeit finden aber nicht ausschließlich Vortragsformate statt, oder?
Nein, keine Sorge. Neben Vorträgen gibt es auch Talks, Panels und Experiences. So ist für jeden was dabei, von Zuhören über Mitdiskutieren bis zum aktiven Anpacken. Und abends können alle beim kühlen Getränk und einer DJ-Session von Callshop Radio und Diana den Tag Revue passieren lassen.
So ein neues Element braucht ja vermutlich auch etwas Zeit, um es zu etablieren. Wie ist die Resonanz auf den Congress bisher? Wie viele Teilnehmer haben sich angemeldet?
Die Resonanz, die wir bekommen, ist super. Eigentlich alle, mit denen wir sprechen, finden das Format total spannend und die Speaker sehr interessant. Gerade die Idee, eben keinen fachspezifischen Congress zu veranstalten, sondern Speaker aus verschiedensten Bereichen zu holen, kommt gut an. Natürlich ist eine Premiere immer auch eine Premiere für die Besucher und es braucht, wie du sagst, etwas Zeit sich zu etablieren. Ein paar Tickets haben wir noch. Wer interessiert ist, kann sich gerne noch bei uns melden.
Das Open Source Festival gibt es seit 12 Jahren. In dem Zeitraum ist es kontinuierlich gewachsen. Anfangs gab es einen Tag, zwei Bühnen. Mittlerweile ist eine dritte Bühne dabei. Es gibt Pre-Konzerte, Filmvorführungen, die Open Squares. Jetzt kommt der Kongress hinzu. Habt ihr manchmal Sorge, dass die Gäste bei so viel Angebot den Überblick verlieren?
Nein, die Sorge haben wir eigentlich nicht. Die diversen Formate auf dem Festival und die Möglichkeit, nicht nur Musik zu hören, sondern auch Kunst anzuschauen oder Kreativprojekte zu erleben, ist es, was das OSF ausmacht. Wir hören häufig, dass es schade es ist, dass das Festival nur einmal im Jahr stattfindet. Deswegen bringen wir jetzt auch die Projektreihe OSF+ neu an den Start, sodass Düsseldorf auch, wenn gerade nicht Festival ist, etwas vom OSF-Feeling hat und wir tolle Projekte und Ideen nicht mehr nur einmal im Jahr unterstützen und realisieren können.
Gibt es, sei es nun intern oder von Seiten eurer Gäste, zu diesem Wachstum auch kritische Stimmen?
Nein, die gibt es wirklich nicht. Der ursprüngliche Anstoß für den Congress kam vor fast zwei Jahren sogar von außen, aus der Agenturlandschaft der Stadt. Das Festival an sich ist mittlerweile an seiner Kapazitätsgrenze angekommen und damit sind wir auch sehr happy. Wir wollen keine Ausmaße wie Rock am Ring oder ähnliche Festivals annehmen, das passt nicht zu unserem Konzept und unserer Vorstellung, wie sich ein schöner Festivaltag für unsere Besucher anfühlen soll. Wir lieben aber die Herausforderung und sprudeln vor Ideen, welche Projekte man im OSF-Kosmos noch so alles verwirklichen könnte.
13.7. Open Source Festival Congress, 14.7. Open Source Festival, Galopprennbahn Grafenberg, Rennbahnstr. 20, Düsseldorf