Rund zwei Wochen nach dem Dezember-Marathon in der Einfahrt schaut theycallitkleinparis ein letztes Mal über die Schulter. Hier erzählen sechs Besucher, die über die Maßen oft auf der Industriestraße vorbei schauten, wie es ihnen gefallen hat. Für Negatives ist da natürlich kein Platz. Die pure Nabelschau!
Tom Blankenberg, 49, Sounddesigner, Cutter & Musiker
In welchem Stadtteil wohnst du?
Flingern Nord.
Wie bist du auf „Für einen Moment. Aktionen in der Einfahrt“ aufmerksam geworden?
Alexandra hat mir von ihrem Projekt erzählt und mich gefragt, ob ich mitmachen würde.
Wie hast du deinen eigenen Auftritt in der Einfahrt erlebt?
Ich musste mein gewohntes Setup für die Einfahrt etwas verkleinern und hatte zunächst auch Sorgen, dass es zu kalt sein würde, aber es war dann eine sehr, sehr warme Stimmung, die das vergessen ließ. Und sehr intim. Die Zuhörer drängelten sich zusammen um mich herum, Kinder standen direkt neben mir, ihre Gesichter auf der Höhe meines Gesichts. Das Publikum berührte mich fast. Wir bildeten eine kleine, klingende Einheit. Gäbe es Texte zu meiner Musik und Gesangslinien, hätten wohl alle mitgesungen. Das war ein sehr familiäres Gefühl und eine sehr schöne Erfahrung. So wie früher vielleicht, als noch daheim gemeinsam Musik gemacht wurde, bevor es Plattenspieler, Stereoanlagen oder Smartphones mit kabellosen Kopfhörern gab.
Aber an dem Abend war ich auch etwas abgelenkt von der neuen Umsetzung mit einem anderen Instrument, mit Aufbau und mit der Rolle des Auftretenden. So richtig begriffen beziehungsweise noch intensiver gefühlt habe ich dieses Gefühl einer „temporären Hofeinfahrtfamilie“ dann, als ich ein paar Tage später den Auftritt von Luise Weidehaas gesehen habe. Freunde von mir, die dort waren, viele Gesichter, die ich an vorangegangenen Abenden schon dort gesehen hatte, einige mir fremde Besucher, meine Begleitung und ich rückten für 15 Minuten eng zusammen, schalteten binnen Sekunden ab und lauschten der schönen Musik. Das alles im warmen, gelblichen Licht der „Für einen Moment“-Stehlampe. Das war sehr schön.
Wie viele der 24 Veranstaltungen hast du besucht?
Ich war an elf Abenden in der Einfahrt.
Welcher Abend wird dir besonders in Erinnerung bleiben und warum?
Der Abend mit Jörg Gerhartz. Ich hatte Jörg schon ein paar Jahre vorher kennengelernt und wusste ungefähr um seine Situation. Aber eben nur ungefähr, denn wir hatten bisher nur beruflichen Kontakt. Jörg hielt seinen Vortrag, den eigentlichen Vortragsteil, sehr faktisch. Und diese Fakten waren in circa 60 bis 90 Sekunden erzählt. Das Publikum wusste danach eben auch nur ungefähr um seine Situation, aber war und blieb neugierig, wissbegierig und forsch. Die Aufgabenstellung hatte sich geändert: nicht Jörg sollte von seinem Leben erzählen, sondern wir wollten etwas über sein Leben herausfinden. Und das gab ihm vielleicht eine bessere Möglichkeit sich völlig zu öffnen, frei von allem zu erzählen und alles zuzulassen. 50 Minuten später war aus dem kürzesten Vortrag der längste Beitrag in der Einfahrt geworden.
Der Pole Dance von Pia Karaus und Malwina Steinhoff hat mich auch schwer beeindruckt. Kreativität, Kraft, Mut, Körperbeherrschung und Eleganz – in zum Teil mehreren Metern Höhe, bei winterlichem Wetter und leicht wankender Stange – gepaart mit Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen und toller Ausstrahlung. Und Spaß. Sämtliche Konnotationen, die zu Pole Dance in meinem Kopf gewesen waren, wurden an diesem Abend durch Begriffe wie „Akrobatik“, „Sport“ und „Tanz“ ersetzt.
Gab es eine Begegnung mit jemandem, den du vorher noch nicht kanntest und in der Einfahrt kennengelernt hast?
Ich habe Daniel kennengelernt, der die Hofeinfahrt zu Verfügung gestellt hat… ohne zu wissen, was passiert, ohne zu wissen, was auf ihn zukommt. Einfach mit einem gesunden Vertrauen in Alexandra und die Aktion. Vielen Dank dafür.
Und ich bin ein paar Tage nach Weihnachten auf der Straße einer Dame begegnet, die ich auch an jedem Abend, den ich in der Hofeinfahrt war, dort gesehen hatte. Wir winkten uns erfreut zu und wünschten einander einen guten Rutsch. Doch eigentlich wollten wir eher „Dann bis morgen!“ sagen, so wie wir es an vielen Abenden im Dezember auf der Industriestraße getan hatten.
Bitte beschreibe die Atmosphäre in der Einfahrt kurz in deinen Worten!
Die Abende dort begannen mit einem weihnachtlichen „Gleich wird beschert“-Gefühl. Man kam vor dem Tor zusammen, musste noch ein wenig warten, erzählte vom letzten oder vorletzten „Für einen Moment“-Abend – immer mit dem Blick auf die Uhr und das Tor. Um 18:30 Uhr öffnete sich dann das Türchen und gab jedes mal eine leicht andere Szenerie frei: ein Beamerbild an der linken Hauswand, eine Stange in der Mitte der Einfahrt, eine ganze Batterie von elektronischen Instrumenten oder auch einfach nur ein kleines Tischchen umringt von Bierbänken. Doch so unterschiedlich die Beiträge auch waren, das Gefühl nach dem Platzfinden war stets ähnlich: ein gemeinsames Gespanntsein und verbindende freudige Erwartung und die geteilte Dankbarkeit für diesen Moment. Es war eine so positive Stimmung in dieser Hofeinfahrt, dass man gerne ein paar Gramm oder Kilo davon für die kommenden Weihnachtstage mit nach Hause genommen hätte …
Rudolf „Schanzi“ Kosthorst, 67, Sozialarbeiter im Ruhestand
In welchem Stadtteil wohnst du?
Flingern Süd.
Wie bist du auf „Für einen Moment. Aktionen in der Einfahrt“ aufmerksam geworden?
Über theycallitkleinparis.
Wie viele der 24 Veranstaltungen hast du besucht?
18.
Welcher Abend wird dir besonders in Erinnerung bleiben und warum?
Einige. Die Filme von Michael Jonas und Norika Nienstedt. Pole Dance, weil meine Tochter dabei war. Der ehemalige Tunnelbewohner Jörg Uwe Gerhartz. Doktor „Tai Chi“ Michael Wenzel.
Gab es eine Begegnung mit jemandem, den du vorher noch nicht kanntest und in der Einfahrt kennengelernt hast?
Die Gastgeberfamilie mit den tollen Zwillingen. Außerdem habe ich mich immer gefreut, Tom Blankenberg zu treffen.
Bitte beschreibe die Atmosphäre in der Einfahrt kurz in deinen Worten!
Nett, wohlwollend bis herzlich. Manchmal a bisserl kalt, klar. Insgesamt toll! Ein, nein, viele Lobe der Initiatorin und Macherin! Wenn‘s geht, bitte weiterführen!
Susanne Staets, 65, Kinesiologin
In welchem Stadtteil wohnst du?
Stadtmitte.
Wie bist du auf „Für einen Moment. Aktionen in der Einfahrt“ aufmerksam geworden?
Durch Freunde.
Wie viele der 24 Veranstaltungen hast du besucht?
Acht.
Welcher Abend wird dir besonders in Erinnerung bleiben und warum?
Der Abend mit der Umweltaktivistin Antje Grothus. Was sie erzählt hat, war für mich ein Eye Opener. Ich weiß, wo sie herkommt, was da normalerweise so los ist und wie die Landschaft aussieht. Ähnliches Lebenssetting – Leben mit Mann und zwei Kindern. Und dann sind da diese sich näher fressenden Bagger. Hat mir ganz viel Hoffnung gemacht, dass da noch ganz viele gute, kluge Leute sind, für die das Engagement erst unmerklich kommt und dann nicht mehr aufzuhalten ist. Ein sehr beeindruckender Abend mit dieser leisen, klaren Frau. Außerdem: Die gelben Rosen auf dem Tisch für die Dichterin Sina Klein, die mit ihren Gedichten ihre am Morgen verstorbene Oma in den Himmel begleitet.
Bitte beschreibe die Atmosphäre in der Einfahrt kurz in deinen Worten!
Stand-up-Event, Platz ist in der zugigsten Toreinfahrt. Halbdunkel, gemütlich, auf Bänken mit Nicht-Bekannten zusammengekuschelt, von schräg bis hin zu Tränen gerührt, in Dankbarkeit für Worte, Lieder, Ideen. Familie für eine Viertelstunde. Fühlte mich umsorgt.
Kevin Gdynia, 23, Jura-Student aus Hessen
In welchem Stadtteil hast du in Düsseldorf gewohnt?
In Oberbilk.
Wie lange warst du insgesamt hier?
Insgesamt war ich sechs Monate in Düsseldorf.
Wie bist du auf „Für einen Moment. Aktionen in der Einfahrt“ aufmerksam geworden?
Durch einen Werbeflyer in einer Bäckerei.
Wie viele der 24 Veranstaltungen hast du besucht?
Insgesamt waren es 17 Veranstaltungen.
Welcher Abend wird dir besonders in Erinnerung bleiben und warum?
Der Abend, an dem Transnistrien vorgestellt wurde. Wegen des guten ironischen Untertons der Präsentation blieb er mir in Erinnerung.
Gab es eine Begegnung mit jemandem, den du vorher noch nicht kanntest und in der Einfahrt kennengelernt hast?
Nein.
Bitte beschreibe die Atmosphäre in der Einfahrt kurz in deinen Worten!
Bei jeder Veranstaltung war die Atmosphäre unterschiedlich. Mal war sie lustig, ein anderes Mal eher nachdenklich. Insgesamt kann man sagen, dass die Atmosphäre gut war.
Peter Gellner, 52, Elektrotechnik-Ingenieur & Claudia Schuster, 53, Bürokauffrau
In welchem Stadtteil wohnt ihr?
Stadtmitte.
Wie seid ihr auf „Für einen Moment. Aktionen in der Einfahrt“ aufmerksam geworden?
Durch den Newsletter von theycallitkleinparis.
Wie viele der 24 Veranstaltungen habt ihr besucht?
12.
Welcher Abend wird euch besonders in Erinnerung bleiben und warum?
Der Abend über Transnistrien war sehr kurzweilig und informativ vorgetragen. Thomas Eberhardt-Kösters Vortrag zum Thema „Wohnen ist ein Menschenrecht“ war ebenfalls sehr interessant, mit guten Denkanstößen. Sina Kleins Gedichte waren auch schön. Und Hans Hoff pure Gänsehaut! Erwähnt werden muss natürlich auch das Whisky-Tasting – interessant und kommunikativ. Gregor Kerkmann von Chogori kannte ich (Claudia) bis dato noch nicht, werden am 17. Januar aber auf jeden Fall in die Johanneskirche kommen. Danko Rabrenovic finde ich (Peter) immer wieder gut. Er hat die Gabe, Nachdenkliches unterhaltsam zu präsentieren. Oh je, so viele schöne Erinnerungen …
Gab es eine Begegnung mit jemandem, den ihr vorher noch nicht kanntet und in der Einfahrt kennengelernt habt?
Es war nett, mit Menschen – die man zuvor vom Sehen kannte – gemeinsam auf das Öffnen der Türe zu warten und ein paar Worte zu wechseln, zum Beispiel mit Tom Blankenberg und mit Schanzi.
Bitte beschreibt die Atmosphäre in der Einfahrt kurz in euren Worten!
Eine ganz besondere Stimmung an einem ungewöhnlichen Ort mit einigen Gänsehaut-Momenten. Kurzweilig, gemütlich; trotz oder wegen des Durchzugs und der Kälte.