Der Begriff Drive-in war bei mir bisher maximal positiv besetzt, obwohl ich in meinem ganzen Leben vielleicht drei Mal in einem Drive-in war. Grob geschätzt. Trotzdem erscheint vor meinem geistigen Auge ad hoc eine junge Servicekraft, die hungrigen Autoinsassen amerikanisch lächelnd eine Papiertüte reicht – randvoll mit Fleischbuletten-Brötchen, Cola und Pommes, Pommes, Pommes. Ein Bild, das spätestens seit gestern nach Korrektur verlangt. In Düsseldorf hat nämlich gestern Morgen um 9 Uhr das Coronavirus-Drive-In-Diagnose-Center seinen Betrieb aufgenommen. Auf dem Parkplatz der Mitsubishi Electric Halle. Nach Terminvergabe über die „Corona Hotline“ werden dort ab sofort zunächst Beschäftigte aus der so genannten „kritischen Infrastruktur“ getestet. Für die neue Nutzung ist der Parkplatz weiträumig abgesperrt. Mit „Kein Durchgang“-Schildern wurde nicht gegeizt. Dort, wo nicht ohnehin abgezäunt ist, hat man Metallgitter aufgestellt, zudem kam jenes rot-weiße Absperrband aus Plastik zum Einsatz, mit dem seit einigen Tagen auch sämtliche Spielplätze in der Stadt vor unvernünftigen Menschen geschützt werden. Frage am Rande: Wer produziert dieses rot-weiße Plastikband eigentlich? Memo an mich selbst: Bitte bei Gelegenheit recherchieren! Zurück zum Parkplatz an der MEH. Dort stehen vereinzelt Menschen mit neongelben Warnwesten und Mundschutz. Dabei handelt es sich, so die Mitteilung des städtischen Presseamts, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Gesundheitsamt, Feuerwehr, Sportamt, Schulverwaltungsamt, Bädergesellschaft Düsseldorf sowie der Firma „Special Security Services“. Das Prinzip funktioniert dann tatsächlich so wie beim Drive-in eines Schnellrestaurants. Man meldet sich an einem Schalter an. Personalien und Termin werden geprüft und im Anschluss wird getestet. Letzteres passiert in weißen Zelten, die mitdem PKW befahren werden können und die in der hintersten Ecke des großen Parkplatzes aufgestellt wurden. Zum Südpark hin wurde eigens ein netzartiger Sichtschutz angebracht, um die Blicke allzu neugieriger Jogger, Radler und Spaziergänger abzuhalten. Ähnlich wie der Drive-in dürften auch die weißen Zelte bei vielen Menschen mit etwas Positivem verbunden werden, lassen sie doch an Karneval und ähnlich feucht-fröhliche Anlässe denken. An Bier, das in Strömen fließt. An laute Musik von Blaskapellen. Und an Menschen, die auf Tuchfühlung gehen. Eine weitere Verknüpfung, die nicht mehr so recht zu passen scheint. Im Coronavirus-Drive-In-Diagnose-Center werden pro Test 10 Minuten veranschlagt. Drei Spuren gibt es in den Zelten. 18 Tests können also pro Stunde abgearbeitet werden. Gestern Nachmittag herrschte auf dem Parkplatz abgesehen von den Menschen in den Warnwesten noch gähnende Leere. Man wünscht sich, dass das auch in Zukunft so bleibt. Und noch während man das denkt, ergreift einen ein mulmiges Gefühl.
In dieser Reihe bereits erschienen:
Die Corona-Tagebücher #1: Solidarische Nachbarschaft Düsseldorf