Die Corona-Tagebücher #17: Persönliche Einblicke

Die taz bezeichnete in einem Beitrag Corona-Tagebücher als „größtenteils fade Protokolle aus der weißdeutschen Bürgerlichkeit, mit oder ohne Einblicke ins Hetero-Kleinfamilienleben“. Ungeachtet dessen hat das Stadtarchiv Düsseldorferinnen und Düsseldorfer aufgerufen, Tagebucheinträge aus der Zeit der Corona-Krise zur Verfügung zu stellen. theycallitkleinparis hat mit Archivarin Kerstin Früh gesprochen.

Frau Früh, was wird im Stadtarchiv aufbewahrt?
Das Stadtarchiv Düsseldorf ist das historische Gedächtnis der Stadt. Es übernimmt und verwahrt die Urkunden, Dokumente und Unterlagen der Stadtverwaltung, die aus rechtlichen und historischen Gründen auf Dauer aufbewahrt werden müssen. Darüber hinaus archiviert es Nachlässe, Sammlungen und Archive von Privatpersonen, Firmen, Vereinen und Einrichtungen, die für die Geschichte von Düsseldorf von Bedeutung sind. Außerdem sammelt es Plakate, Bilder, Fotos, Filme, Tonaufnahmen, Flyer, Broschüren und digitale Unterlagen, die Auskunft über das politische, wirtschaftliche, kulturelle und alltägliche Leben der Stadt geben.

Wie weit reicht das Archiv zurück?
Die älteste Urkunde stammt aus dem Jahr 1382. Gegründet wurde das Stadtarchiv übrigens 1912.

Sie haben die Düsseldorferinnen und Düsseldorfer aufgerufen, Ihnen Tagebucheinträge aus der Zeit der Corona-Krise zur Verfügung zu stellen, allerdings erst nach Ende der Krise. Die taz bezeichnete in einem Beitrag Corona-Tagebücher als „größtenteils fade Protokolle aus der weißdeutschen Bürgerlichkeit, mit oder ohne Einblicke ins Hetero-Kleinfamilienleben“. Was versprechen Sie sich von den Beiträgen?
Persönliche Einblicke in das Leben und die Wahrnehmungen während der Corona-Krise. Ich hoffe sehr, dass sich nicht nur heterosexuelle weißdeutsche Bürgerinnen und Bürger beteiligen.

Werden die Beiträge anonymisiert? Oder welche Informationen werden über die Urheber der Einträge preisgegeben?
Uns geht es nicht um Veröffentlichung, sondern um die Sicherung für die Zukunft. Tagebücher, die nicht zur Veröffentlichung gedacht waren, anders als zum Beispiel Ihr Blog, werden gemäß der Schutzfristen des Archivgesetzes für die Benutzung zur Verfügung gestellt. Sollten diese vor Ablauf der Schutzfristen für Forschungen zur Verfügung gestellt werden, werden sie natürlich anonymisiert.

Ist es das erste Mal, dass das Stadtarchiv einen derartigen Aufruf startet? Oder gibt es aus anderen Phasen, beispielsweise der Zeit nach dem 11. September oder dem Super-Gau in Tschernobyl ähnliche Dokumente?
Zu einem aktuellen Geschehen haben wir in den letzten Jahrzehnten noch keine Anfrage gestartet. Allerdings schon zu historischen Themen, zum Beispiel zur Kinderlandverschickung.

Sollen die Einträge ausnahmslos digital sein? Oder darf es auch was Handgeschriebenes sein?
Willkommen ist alles. Die Handschrift sollte nur lesbar sein, wobei wir Archivarinnen und Archivare natürlich einige Erfahrung in der Entzifferung von Handschriften haben.

Dürfen auch andere Erinnerungsstücke an diese ungewöhnliche Zeit eingereicht werden?
Ja gerne, aber bitte nur „Flachware“, also Schriftstücke oder Fotos. Intern sind wir auch schon fleißig am Sammeln.

Wie genau werden die Tagebucheinträge bei Ihnen archiviert?
In der Form, in der sie eingereicht werden. Bei digitalen Tagebüchern wäre eine Einsendung als PDF, am allerliebsten ein PDF/A 1 oder 2, wünschenswert.

Gibt es über das Archivieren hinaus bei Ihnen im Hause Ideen, was mit dem Material passieren könnte?
Nein. Erst einmal müssen wir die Quellen haben und sichten. Aufgabe von Archiven ist auch primär, Quellen für die Zukunft zu sichern und aufzubewahren und sie Nutzern zur Verfügung zu stellen.

Wer seine Tagebuchaufzeichnungen zur Verfügung stellen möchte, kann sie, möglichst in gewünschter Form, an stadtarchiv@duesseldorf.de senden.

In dieser Reihe bereits erschienen:

Die Corona-Tagebücher #1: Solidarische Nachbarschaft Düsseldorf

Die Corona-Tagebücher #2: It’s oh so quiet

Die Corona-Tagebücher #3: Falsche Verknüpfungen

Die Corona-Tagebücher #4: Vom Geben und Nehmen

Die Corona-Tagebücher #5: Der Radius wird kleiner

Die Corona-Tagebücher #6: Kunst & Quarantäne

Die Corona-Tagebücher #7: Hausmusik

Die Corona-Tagebücher #8: In die Leere

Die Corona-Tagebücher #9: Virologen-Merchandise

Die Corona-Tagebücher #10: Was heißt hier sofort?

Die Corona-Tagebücher #11: Unfrisur

Die Corona-Tagebücher #12: Was heißt hier sofort? (2)

Die Corona-Tagebücher #13: Fußmatten-Genießertresen

Die Corona-Tagebücher #14: Unter erschwerten Bedingungen

Die Corona-Tagebücher #15: Hilft Humor?

Die Corona-Tagebücher #16: Yoga der Ungelenken

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