Carina Grode ist Lektorin. Als solche kümmert sie sich in einem großen Unternehmen um die Corporate Language. Neben dem eigenen Job interessiert sich die gebürtige Berlinerin, die seit einigen Jahren in Düsseldorf lebt, auch für das, was andere so beruflich machen. In ihrem Podcast „Urban Diary“ befragt sie unterschiedlichste Menschen zu ihren Berufen. theycallitkleinparis hat mit Carina Grode gesprochen.
Schauspielerin, Feuerwehrfrau oder Stewardess: Was wolltest du als Kind werden?
Ich kann mich nicht erinnern, dass ich einen konkreten Berufswunsch hatte. Aber ich fand es toll, bei meiner Mutter oder meinem Vater im Büro zu sein und am Schreibtisch sehr wichtige Dinge zu tun. Auf die Schreibtischunterlage malen zum Beispiel. Oder am Computer Solitaire spielen.
Du hast dann letzten Endes Literaturübersetzen studiert. Welchen Beruf übst du derzeit aus?
Ich bin Lektorin. Und zwar nicht bei einem Verlag. Sondern bei einem großen Unternehmen, wo ich mich um die Corporate Language kümmere. Also darum, dass unsere Texte eine Sprache sprechen und verständlich sind.
Bis dahin war es aber ein langer Weg, auf dem du mehr als einmal an deiner Berufswahl gezweifelt hast. Wie kam’s?
Das mit dem Beruf ist ja so eine Sache. Manche sagen schon in der 10. Klasse: „Ich werde Tierärztin, wie meine Tante, bei der habe ich auch schon ein Praktikum gemacht.“ Andere landen zufällig in einem Beruf, der zu ihnen passt. Aber ganz viele sind eben auch auf der Suche. Und gehen eher nach dem Ausschlussprinzip, wie ich: Nebenjobs hinter der Bar und im Verkauf: Nein, lieber Schreibtisch. BWL-Studium: Nein, lieber Sprachen. Studium Literaturübersetzen: Ah, schön an Texten basteln – aber besser keine fiktionalen Texte. Und keine wissenschaftlichen. Projekte managen in Übersetzungsbüros: Nein, lieber selbst Texte bearbeiten. Freiberuflich sein: Cool, so viel ausprobieren – boah, Steuern und Akquise. Also doch ein großes Unternehmen.
Ich weiß noch, wie ich in der Diplomphase vor der Cafeteria saß und meinte: „Als Nächstes werde ich Goldschmiedin!“ Das erschien mir so schön greifbar: Man macht eine Ausbildung, lernt was, wendet das an und am Ende kauft jemand einen Ring und freut sich. Ich merke gerade: Ich muss mal eine Goldschmiedin interviewen, denn ich habe keine Ahnung, was die eigentlich wirklich so machen.
Wie entstand die Idee für deinen Podcast „Urban Diary“?
Das Thema Berufe beschäftigt einen sehr viel mehr, wenn man keine konkrete Vision hat. Und konkret wird es ja eigentlich erst, wenn man den Beruf wirklich ausübt. Oder eben jemanden kennt, der das macht. Deshalb fing ich in der Freiberufler-Zeit an, Menschen zu fragen, ob sie mir nicht etwas über ihren Beruf erzählen können: einen Selbstständigen, eine andere freie Lektorin, eine Ghostwriterin, eine Online-Redakteurin. Wie viel man da über die einzelnen Berufe erfuhr! Und über die Menschen selbst – so viele spannende Geschichten. Also begann ich, da Texte draus zu machen, für die Westdeutsche Zeitung und meinen Blog urbanwriting.de. Über die zwei Herren, die die Museumsaufsicht im KIT machen. Über einen Start-up-Gründer. Einen Briefmarkendesigner. Oder die Künstlerin, die den U-Bahnhof Kirchplatz gestaltet hat. Wenn ich nach so einem Interview nach Hause ging, tänzelte ich immer vor Freude die Straße entlang und griff immer wieder in meine Tasche, ob mein Handy noch da ist, mit dem ich das Gespräch aufgenommen hatte. Ich fühlte mich, als würde ich einen Schatz nach Hause tragen. So interessante Geschichten, so spannende Anekdoten, so viele Fun Facts! In der Zeit entdeckte ich auch Podcasts für mich. Vor allem Interview-Podcasts wie Hotel Matze mag ich sehr. Wie nah man den Erzählenden beim Podcast ist. Und wie schön, dass man die Stimme, den Dialekt und die Ausdrucksweise noch als zusätzliche Ebene mit dabeihat. Irgendwann machte es klick und ich merkte, dass ein Podcast noch viel besser zu meinen Berufe-Interviews passen würde als das Medium Text. Für einen mittellangen Text musste ich mich immer für einige wenige Anekdoten entscheiden. In einer Stunde Podcast hat man einfach viel mehr Zeit.
Der Titel hat ja nun nicht direkt etwas mit Berufen zu tun. Warum hast du dich dafür entschieden?
Ursprünglich komme ich aus Berlin und liebe wohl deswegen alles, was mit der Stadt zu tun hat: U-Bahnen, Fernsehtürme, Backstein-Wände, Cafés, Kunstmuseen. Und natürlich Stadtmenschen. Deswegen „Urban“. Und „Diary“, weil ich Tagebücher so mag. Inzwischen schreibe ich selbst keins mehr. Aber im Urban Diary können alle Menschen ihre eigene Geschichte erzählen. Und es ist auch eine kleine Anspielung auf meinen Blog Urban Writing.
Das Format Podcast erfreut sich derzeit maximaler Beliebtheit, jeder, der was auf sich hält, scheint einen zu produzieren. Wie macht man da, noch dazu als Neuling, auf sich aufmerksam?
In erster Linie ging es mir darum, einen Podcast zu machen – also zu gucken: Wie funktioniert das alles so? Und natürlich Menschen zu treffen und ihnen meine Fragen stellen zu dürfen. Aber na klar, wenn auch noch ein paar Leute mit zuhören, freut mich das sehr. Deshalb habe ich den Podcast auf allen gängigen Plattformen wie Apple Podcasts oder Spotify angemeldet. Auf Facebook und Instagram sag ich immer Bescheid, wenn es eine neue Folge gibt.
In welchem Turnus wird es in Zukunft neue Folgen von „Urban Diary“ geben?
Am liebsten möchte ich so alle zwei bis vier Wochen eine Folge veröffentlichen. Aber et kütt wie et kütt, habe ich hier im Rheinland gelernt.
Welche Berufe wurden bisher vorgestellt?
Nachdem ich mit dir die erste Folge aufgenommen habe, habe ich für die Ausgaben zwei bis fünf eine Grafikdesignerin, einen Architekten, einen Juristen und eine Fotografin getroffen. Danach stehen Künstler und UX-Designerin ganz oben auf meiner Liste. Ich schaue einfach, was sich so ergibt. Und freue mich wirklich sehr auf jedes einzelne Gespräch.
Die erste Folge wurde, auch als Folge von Corona, nicht im Innenraum aufgenommen, sondern auf einer Bank auf dem Stoffeler Friedhof. Wie stellst du dir das bei den nächsten Folgen vor? Möchtest du deine Gesprächspartner, wenn möglich, auch am Arbeitsplatz besuchen beziehungsweise sie bei ihrer Arbeit begleiten?
Natürlich möchte ich meine Gäste am liebsten in ihrer Arbeitsumgebung besuchen. Aber das kommt auch immer auf den Beruf an. Bei einem Schreibtischmenschen ist das sicherlich einfacher als bei einer Pilotin oder einem Kranfahrer. Ich muss nicht reportermäßig mit dem Mikro in der Hand mit am Kran hängen. Da ist mir dann ein Wohnzimmer-Gespräch lieber, bei dem die Person alles in Ruhe erzählen kann.
Welchen Beruf möchtest du unbedingt in deinem Podcast vorstellen?
Die Liste ist lang und wird eigentlich täglich länger. Da sind sehr spezielle Berufe drauf wie Sounddesigner, Synchronsprecherin, Pyrotechniker oder E-Sport-Profi. Aber auch bei den Klassikern wie Arzt, Anwältin oder Bäcker wollte ich schon immer mal wissen, wie bei denen eigentlich so ein Arbeitstag aussieht.
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