„Bleiben Sie zuhause“ ist der Imperativ des Jahres. Aber nicht alle kommen der Bitte nach. Manch einen zieht es trotz der Pandemie in die weite Welt hinaus. Georgios Maniotis zum Beispiel. Der Düsseldorfer urlaubt gerade mit Frau und Tochter auf einer Insel, 7221 Kilometer von der Heimat entfernt: Barbados. theycallitkleinparis hat ihn dort erreicht, um ihn über die Umstände dieser Fernreise zu befragen.
Georgios, wann habt ihr den Flug nach Barbados gebucht?
Die Flüge haben wir ganz kurzfristig neu buchen müssen, da uns die Lufthansa sechs Tage vor Abflug ohne Nennung von Gründen die Flüge storniert hat. Ursprünglich hatten wir Costa Rica gebucht, haben uns dann aber wegen der Corona-Situation für Barbados entschieden. Ein Schnäppchen war das Ganze nicht. Aufgrund der spontanen Buchung waren die Flüge ziemlich teuer.
Wie waren die Reaktionen in eurem persönlichen Umfeld? Gab es Menschen, die nicht verstehen konnten, dass ihr mitten in einer weltweiten Pandemie eine solche Reise antretet?
Es war alles mit dabei, von Unverständnis, Sorge bis hin zu Neid auf die Reise.
Wie war die Flugroute?
Wir sind mit British Airways von Amsterdam nach London-Heathrow und von dort nach Bridgetown, Barbados geflogen. Dabei wurden mehrfach an jedem Flughafen an verschiedenen Stationen die Hände sämtlicher Fluggäste desinfiziert und die Temperatur gemessen. Im Flieger wurde Desinfektionsmittel für die Sitzplätze und Hände ausgegeben und vor jedem Start wurde im Flugzeug Desinfektionsmittel in die Luft gegeben. Selbstredend haben alle permanent eine Maske getragen.
Und wie voll war der Flieger?
Er war ungefähr zu zwei Dritteln gefüllt.
Warum habt ihr euch gerade dieses Ziel ausgesucht? Was reizt euch an der Destination?
Es ist Nicht-Risikoland, wo man auch zu dieser Jahreszeit garantiert gutes Wetter hat.
Seid ihr auf Barbados die ganze Zeit an einem Ort?
Barbados ist eine relativ kleine Insel. Wir wohnen in einem Ressort in St. Phillip und besuchen von dort aus mehrere Sehenswürdigkeiten und Strände.
Wie viele Touristen sind vor Ort?
Sehr wenige. Die Strände sind teilweise wie leergefegt.
Aus welchen Ländern kommen die Urlauber?
Barbados gehört noch dem Commonwealth an, also sehr viele Engländer, gefühlt halb London.
Wie ist es mit der Infrastruktur auf der Insel? Sind Restaurants, Hotels und Läden geöffnet?
Die Infrastruktur ist intakt, am Strand sind die größeren Hotels und Restaurants geöffnet, aber sehr schlecht besucht. Viele kleinere Läden sind geschlossen.
Gibt es Sehenswürdigkeiten, die ihr wegen der Pandemie nicht besichtigen könnt?
Nicht alles hat geöffnet. Die Tropfsteinhöhle und das Planetarium sind beispielsweise geschlossen.
Wie ist das Infektionsgeschehen auf Barbados?
Barbados ist kein Risikoland. Selbst jetzt gibt es Tage mit null Neuinfektionen.
Wie versucht man, neue Infektionen zu verhindern? Gibt es da Unterschiede zu den Maßnahmen in Deutschland?
Touristen dürfen nur mit einem negativen Corona-Test einreisen, der nicht älter als drei Tage ist und müssen vor Ort direkt in Quarantäne. Fünf Tage nach dem ersten Corona-Test wird ein zweiter gemacht, der kostenlos angeboten wird. Wir waren also vor Ort zwei Tage in Quarantäne. Ist der zweite Test negativ, wird man angerufen und muss noch sieben Tage lang zweimal am Tag die Temperatur messen und den Behörden durchgeben.
Der Lockdown, den es Anfang des Jahres auf Barbados gab, ist nicht mit unserem in Deutschland zu vergleichen. Ich habe darüber mit Helen an einem Verkaufsstand auf einem wöchentlich stattfindenden Markt gesprochen. Dort wurden gerade frühzeitig alle Zelte abgebaut, da niemand gekommen war. Barbados hatte einen sehr harten dreimonatigen Lockdown. Alles wurde dichtgemacht, bis auf Polizei, Feuerwehr, Krankenhaus und Tankstellen. Wer tanken wollte, musste nachweisen, einen systemrelevanten Job zu besitzen. Die Leute durften nach Alphabet sortiert an zwei Tagen wöchentlich für drei bis vier Stunden raus, um beispielsweise einzukaufen oder zur Bank zu gehen. Die Schlangen vor den Supermärkten waren teilweise über zwei Kilometer lang. Wenn man dann drin war, gab es oft kein Brot, keine Milch oder keine Bohnen mehr. Toilettenpapier war auf Barbados kein Thema. Alle zwei Wochen gab es eine Ansprache der Regierungspräsidentin zur aktuellen Lage und der Fortführung der Maßnahmen. Die Präsidentin hat es wohl mit sehr empathischer Art geschafft, trotz dieser harten Situation die Bevölkerung mitzunehmen.
Obwohl der letzte Corona-Infizierte auf Barbados vor Monaten gestorben und die Infektionsrate so niedrig ist, trägt auf der Insel jeder eine Maske. Selbst dort, wo es gesetzlich nicht gefordert ist. In jedem Restaurant, Geschäft oder Gebäude werden vor dem Betreten die Hände desinfiziert und oft auch kontaktlos die Temperatur gemessen. In größeren Geschäften und Malls wird teilweise auch automatisiert ein Foto von einem gemacht, um im Fall der Fälle die Person besser ausfindig machen zu können. Damit habe die Leute dort nach meinem Eindruck kein Problem. Sie hoffen darauf, dass wieder mehr Touristen ins Land kommen. Sie sind aber verärgert, wenn diese sich über zwei Tage Quarantäne beschweren.
Habt ihr eine Auslandskrankenversicherung?
Haben wir in jedem Urlaub, ohne fliegen wir nie.
Was ist nach eurer Rückkehr zu tun? Müsst ihr euch in Quarantäne begeben?
Da wir aus einem Nicht-Risikoland kommen, müssen wir nicht in Quarantäne.
Danke für das Gespräch. Ich wünsche euch weiterhin einen schönen Urlaub.
In dieser Reihe bisher erschienen:
Die Corona-Tagebücher #1: Solidarische Nachbarschaft Düsseldorf
Die Corona-Tagebücher #2: It’s oh so quiet
Die Corona-Tagebücher #3: Falsche Verknüpfungen
Die Corona-Tagebücher #4: Vom Geben und Nehmen
Die Corona-Tagebücher #5: Der Radius wird kleiner
Die Corona-Tagebücher #6: Kunst & Quarantäne
Die Corona-Tagebücher #7: Hausmusik
Die Corona-Tagebücher #8: In die Leere
Die Corona-Tagebücher #9: Virologen-Merchandise
Die Corona-Tagebücher #10: Was heißt hier sofort?
Die Corona-Tagebücher #11: Unfrisur
Die Corona-Tagebücher #12: Was heißt hier sofort? (2)
Die Corona-Tagebücher #13: Fußmatten-Genießertresen
Die Corona-Tagebücher #14: Unter erschwerten Bedingungen
Die Corona-Tagebücher #15: Hilft Humor?
Die Corona-Tagebücher #16: Yoga der Ungelenken
Die Corona-Tagebücher #17: Persönliche Einblicke
