Das Team von der „Schicken Mütze“ hat eine harte Zeit hinter sich. Nach sieben Jahren an der Talstraße wollte man eigentlich im April 2021 im Hinterhof an der Oststraße eröffnen. Was dann passierte, ist mit „Pleiten, Pech und Pannen“ nur unzureichend beschrieben. theycallitkleinparis hat mit Mütze-Betreiber Carsten Wien gesprochen, auch über das „Querfeldrhein“, das am 23. und 24. Oktober erstmals in Düsseldorf stattfinden wird.
Carsten, lass uns noch mal ganz vorne anfangen. Warum musstet ihr eigentlich eure Räume an der Talstraße verlassen?
Das gesamte Vorder- und Hinterhaus sind vor drei Jahren verkauft worden, ebenso wie die Nachbarhäuser. Man hat uns mitgeteilt, dass wir keine langfristige Sicherheit haben. Es bestehen – Überraschung – Planungen, dort eine Hinterhausbebauung umzusetzen.
Ihr habt dann eine neue Location im Hinterhof an der Oststraße gefunden. Wann wolltet ihr ursprünglich dort eröffnen?
Der Plan war, hier im Oktober 2020 zu starten, der Termin hat sich dann immer weiter nach hinten geschoben, bis wir von den Verantwortlichen Ende April 21 als festen Termin genannt bekommen haben. Wir sind am 19. April hier eingezogen, allerdings stellte sich dann heraus, dass die Mietfläche die behördlichen Auflagen nicht erfüllt, es gab keine Betriebsgenehmigung. Diese wurde erst Anfang September 21 erteilt.
Was ist dazwischengekommen?
In erster Linie ist die Baustelle aus dem Ruder gelaufen. Wir selbst hatten unsere Fläche Ende April komplett fertig, sind dann jedoch aufgrund der fehlenden Genehmigung ab Mitte Mai in einen 40 Quadratmeter großen Pop-Up-Shop ausgewichen, um die Zeit bis zur Eröffnung zu überbrücken. Uns wurde signalisiert, dass das schnell geht, aber am Ende sind dann vier Monate daraus geworden. In denen wir heftig gelitten haben, weil der Aufwand, den wir betrieben haben, um unsere Kunden auf der kleinen Fläche zufrieden zu stellen, enorm war. Gleichzeitig waren die Umsätze natürlich nur ein Bruchteil dessen, was wir eigentlich gemacht hätten. Hinzu kam, dass dann bedingt durch einen Wasserschaden der fertige Laden wieder abgebaut werden musste, der Holzboden raus gerissen wurde, Trocknungsgeräte wochenlang brummten, anschließend wieder ein neuer Holzboden verlegt wurde. Eine groteske Situation, eine Geschichte, bei der man immer wieder nach dem Mann mit der versteckten Kamera sucht.
Seit Mitte September habt ihr aber endlich geöffnet…
Ja, wir sind jetzt im Laden drin, aber die Hofsituation ist noch immer so, dass wir nicht wirklich an eine Feier denken können. Das Jahr war hart, wir sind froh, wenn alles überstanden ist. Und dann werden wir mal schauen, dass wir auf dem Hof mal eine richtige Eröffnungsparty machen, wenn die Umstände passen.
Wie muss man sich die neuen Räume vorstellen?
Uns war wichtig, dass wir eine Location finden, die zu uns und unserem Konzept passt. Hier gibt es alte Stahlträger, offenes Mauerwerk, Holzboden und einen schnuckeligen Innenhof, der irgendwann mal unser Café beherbergen wird. Wir finden die Gegend spannend, haben halt mehr Leben vor der Tür als auf der Talstraße und mit Boxine tolle Nachbarn. Zwar noch zu viele zu schnelle Autos auf der Oststraße, aber das wird sich auch irgendwann ändern.
Wie wurden die Räume an der Oststraße früher genutzt?
Ursprünglich war hier mal eine Druckerei, danach gab es einen Veranstaltungsraum in den Räumlichkeiten, in denen wir sind, dazu eine Boutique in dem Bereich, in dem unsere Werkstatt war.
Habt ihr euer Sortiment erweitert?
Wir haben einige neue Marken dazu genommen, bei der Bekleidung ist sicherlich Rapha eine Größe. Ursprünglich war auch das mit der Eröffnung im Mai geplant, jetzt haben wir das Sortiment mal nach und nach erweitert. Bei den Rädern ist mit Kona ein weiterer Hersteller aus dem Gravelbike-Bereich hinzugekommen, beim Thema Rennrad ist Focus neu im Programm.
Die Mischung aus Werkstatt, Laden und Café bleibt aber bestehen, oder?
Wir hatten ja sieben Jahre Spaß mit unserem Konzept, daher wollen wir daran auch nicht ändern. Wir vermissen das Café selbst auch sehr und freuen uns drauf, wenn wir wieder komplett sind.
Neben dem neuen Laden würde ich mit dir gerne noch über ein weiteres Baby von euch sprechen. Nach dem „Rund um die Kö“ möchtet ihr als Schicke Mütze gemeinsam mit dem Cycling Club Düsseldorf und Destination X nämlich gerne eine zweite Radsportveranstaltung in Düsseldorf etablieren, das „Querfeldrhein“. Worum handelt es sich dabei genau?
Wir wollen mit „Querfeldrhein“ unserer Heimatstadt Düsseldorf einen Platz im kommenden Cross-Zirkus sichern. Wir sind der festen Überzeugung, dass diese wunderbare Sportart, bei der man manchmal sein Rad fährt, es aber manchmal auch trägt, sich oft kolossal einsaut und regelmäßig über absurde Hindernisse klettern muss, ein breites Publikum verdient hat. Wir haben mit der Galopprennbahn in Grafenberg ein Gelände, das auch dem ehemaligen deutschen Cross-Meister Jörg Arenz direkt gefallen hat. Nach wenigen Minuten auf dem Gelände sprach er von Europacup- oder Weltcuprennen. Wir von der Mütze haben Spaß daran, dem Sport, von dem wir leben, mit solchen Aktionen etwas zurück zu geben, wir wollen den Sport wieder populär machen.
Die kreative Verbindung aus Rennrad und geländegängigem Reiserad gilt weltweit als größter Radtrend neben dem Ebike. Trotzdem führt das Cyclocross, früher auch als Querfeldeinradsport bekannt, in Deutschland seit vielen Jahren eher ein Schattendasein in der Nische. In Belgien oder den Niederlanden ist das komplett anders. Da verfolgen 30.000 Zuschauer die großen Rennen. Wie viel Potenzial siehst du hierzulande für die Sport-Events?
Unser Ziel ist es erst mal, hier auch allen Interessierten zu beweisen, dass Radsport etwas anderes sein kann, als ein Peloton, dass innerhalb von 12 Sekunden an dir vorbei donnert. Ähnlich wie bei „Rund um die Kö“ stehen die Menschen beim Cyclocross ja mittendrin, die Strecke ist rund um die Menschen angelegt, man kann entlangwandern und sich einen Platz aussuchen, der viel Spaß verspricht. Oder man setzt sich auf die Tribüne und guckt sich den Wahnsinn aus der Distanz mit mehr Überblick an. Wir freuen uns, dass unter anderem Heinrich Haussler hier an den Start geht, guter Fahrer, war vor drei Wochen zehnter bei dem Irrsinn von Paris Roubaix, als die Fahrer aussahen wie eine Terracotta-Armee. Das ist halt wie beim Fußball mit Lars Stindl auf der Rheinwiese zu kicken. Radsport hat wenig Abschottung, und das ist gut so.
Wie muss man sich den Kurs auf der Galopprennbahn vorstellen?
Wild. Es gibt Asphalt zum Start, danach schlechte Wiese mit Schotter, dann Schotter, dann Wiese, dann Sand, wieder Wiese, wieder Schotter, mehr Sand. Und das immer wieder. Je nach Wetterbedingungen dürfte das für alle Fahrer:innen ein riesiger Spaß oder eine unglaubliche Sauerei werden.
Wie viele Rennen werden an dem Wochenende des 23. und 24. Oktober gefahren?
Insgesamt dürfen sich die Zuschauenden auf 11 Rennen unterschiedlicher Klassen freuen. Am Samstag steht alles im Zeichen der Cross-Bundesliga, was großen Sport verspricht. Der Sonntag wird dann für Hobby-Fahrer:innen aller Altersklassen reserviert, vom Kinderrennen ab 6 Jahre bis zum Rennen der über 50-Jährigen Hobbysportler ist alles dabei.
Was ist an Rahmenprogramm geplant?
Wir haben ein paar Aussteller dabei, sind selbst auch mit einem Stand vor Ort. Mit-Initiator Wahoo wird stationäre Trainingsbikes vor Ort zeigen, dazu viel neue Technik. Dazu kommen wie auch auf der Kö leckerer Kaffee, Kuchen, Pommes, Bier, gute Musik und internationale Moderation mit dem Berliner 6-Tage-Rennmoderator Sebastian Paddags und Chris Pritchard von Cycling Hub aus England. Dazu unsere lokale Moderationsgröße Dietmar Wolf, der auch schon „Rund um die Kö“ mit dem rollenden R groß gemacht hat.
Müssen Zuschauende Eintritt zahlen?
Nein. Wir wollen die Bude vollmachen. Und die Leute sollen Sachen mitbringen, die beim Anfeuern Krach machen, Tröten und Glocken sind herzlich willkommen. Die Galopprennbahn darf gerne zum Hexenkessel mutieren, dann haben wir einiges richtig gemacht.
Querfeldrhein: 23. und 24.10. Galopprennbahn Grafenberg, Düsseldorf
Schicke Mütze, Oststr. 119, Düsseldorf