Egal ob Möbel, Platten oder Kleidung: Ich hatte schon immer ein Faible für Gebrauchtes. Bis heute gefällt mir die Idee, dass Sachen, die lange das Leben von jemand anderem bereichert haben, bei mir eine Art Gnadenbrot bekommen. Oder, um es positiver zu benennen: ein zweites Leben.
Lange Jahre bin ich jeden Samstag in zwei Second-Hand-Läden in Flingern geradelt, um sie aufmerksam zu durchstöbern. Ich habe mit anderen Kund:innen geplaudert, Sachen anprobiert – und das ein oder andere Teil mit heim genommen. Dieses Samstagsritual ist mir irgendwann über die Jahre abhanden gekommen. Dass es nun eine Wiederbelebung erfahren könnte, liegt an einem Neuzugang zum Düsseldorfer Einzelhandel, den ich neulich – nennt mich Fashion-Adlerauge – im Vorbeifahren erspähte und daraufhin umgehend einer Begutachtung unterzog. „Mooi“ heißt das kleine Lädchen – und befindet sich weit abseits jener Meilen, an denen man derartige Anlaufstellen erwartet. „Mooi“ liegt nämlich weder auf der Acker- noch auf der Brunnen- oder Schwerinstraße. Stattdessen erwartet es seine Kund:innen auf der Märkischen Straße in Gerresheim. Dort, zwischen Post und „Heimat Seniorendienste“, hat Sylvia Hohmann es im August 2021 eröffnet. Seitdem konnte „Mooi“, aus dem Niederländischen übersetzt so viel wie „schön, Schönes“, viele neue Freundinnen gewinnen. Das liegt zum einen an dem ausgezeichneten Sortiment, das neben Hosen, Kleidern, Pullis und Strickjacken auch Röcke, Schuhe, Taschen, Gürtel, Schmuck und Parfums aus zweiter Hand umfasst. Zum anderen an der Betreiberin selbst, die ein sehr gewinnendes Wesen hat und mit unglaublich viel Freude bei der Sache ist. „Ich wollte immer schon einen Second-Hand-Laden eröffnen“, so Hohmann, „schon als kleines Mädchen“. Mit 53 Jahren hat sie sich ihren Traum nach einem harten Winter – „Es war Zeit etwas zu ändern“ – erfüllt. Dass es ihr dabei nicht in erster Linie ums Geldverdienen geht, kann man schon an den Öffnungszeiten ablesen: Da die Fachfrau für Schönes an fünf Tagen in der Woche einem anderen Job nachgeht, öffnet sie das „Mooi“ vorerst ausschließlich samstags, immer von 11 bis 16 Uhr. Morgens, bevor sie die Tür aufschließt, kauft sie auf dem Markt Kuchen für ihre Kund:innen ein, sie gibt ihnen kleine, in pinkes Seidenpapier verpackte Glücksbringer mit und wenn es sehr kalt und usselig ist, dampft auf ihrem Servierwagen mit ziemlicher Sicherheit ein heißer Orangen-Ingwer-Tee.
Sie habe den Laden zum einen eröffnet, um ihren eigenen Kleider-Bestand zu reduzieren, erzählt Hohmann im Gespräch. Aber natürlich auch, um direkt an der Quelle für neue schöne Textilien zu sein. Der Plan scheint aufzugehen: Auch wenn momentan noch 90 Prozent der „Mooi“-Ware von ihr selbst stammen, nehme der Anteil an fremder Ware doch langsam aber sicher zu, weil Kundinnen ihr Kleidung in Kommission geben. Die Preise werden gemeinsam gemacht. 50 Prozent vom Verkaufspreis gehen an die Ladeninhaberin, die anderen 50 an die Kundin. Egal ob Bluse, Pulli oder Rock – Hohmann kann zu jedem Teil, das aus ihrem eigenen Fundus stammt, eine Geschichte erzählen. Die karierte Oversize-Jacke stammt aus einem Laden am Carlsplatz, die milchkaffeefarbenen Schnürschuhe made in Italy hat sie kaum getragen und der grüne Teddymantel ist ein Mitbringsel aus den heiß geliebten Niederlanden. Dort war sie früher mindestens einmal im Monat, an ihrem „Zufluchtsort“, einem kleinen Dorf am Meer. Heute schafft sie es wegen des „Lädchens“ nicht mehr so häufig ins Nachbarland. Das sei aber nicht schlimm, findet sie: „Ich habe mir die Niederlande einfach nach Gerresheim geholt.“
Mooi, Märkische Str. 52, Düsseldorf
geöffnet Sa, 11-16 Uhr, außerdem abends nach Vereinbarung: 0152-7519030