Sie sind alle drei Anfang der 2000er Jahre entstanden und bildeten lange Zeit die Speerspitzen der Düsseldorfer Offkultur: die Kunstvereine Brause, reinraum und damenundherren. Letzterer sucht bereits seit fünf Jahren vergeblich nach neuen Räumlichkeiten. Auch die Brause hat, seit sie die alte Tankstelle an der Bilker Allee 2019 verlassen musste, kein alternatives Domizil gefunden. Wie sieht die Perspektive der Kunstvereine in einer Stadt aus, in der kaum etwas so rar ist wie günstige Räume? theycallitkleinparis hat sich mal umgehört.
„Mit wenig Platz kennen wir uns aus“
Als die Brause 2019 ihre Räume auf der Bilker Allee verlassen musste, war das in Düsseldorf ein großes Thema. Später wurde es ein Politikum. Während noch ein Denkmalschutz-Verfahren lief, ließ der Investor, der auf dem Gelände Wohnungen bauen möchte, die Bagger anrollen. Als die Stadt den Abriss mangels Genehmigung stoppte, war die Hälfte der Gebäude bereits zerstört. Ein Aufschrei der Empörung ging daraufhin durch die Düsseldorfer Kunst- und Kulturszene, man blies zum Protest. Dennoch: Der Investor hatte durch sein Vorgehen Tatsachen geschaffen. Als die Bagger ihren schmutzigen Job erledigten, zählte der Metzgerei Schnitzel e.V., dessen Vereinsheim die Brause ist, 120 Mitglieder. Heute, knapp drei Jahre später, sind es immerhin noch 90. Das Gros der Mitglieder hält der Brause auch ohne kulturelles Angebot die Treue. „Nach dem Verlust des Raums gab es einen merklichen Rückgang bei den Mitgliedern“, schildert Stefan Pennartz aus dem Vorstand des Kunstvereins. „Seit zwei Jahren ist die Mitgliederzahl glücklicherweise stabil.“ Langsam müsse man aber wieder aktiver werden, auch ohne Raum, da sonst die Gefahr einer weiteren Mitgliedererosion bestehe. Fünf Euro zahlt jedes Vereinsmitglied pro Monat, die meisten Brausianer sind heute in den Dreißigern. Die Gründer-Generation um die Veranstaltergruppe Celluloid Suckers, die unvergessene Kino-Nächte im Cinema organisierte, hat bereits vor einem knappen Jahrzehnt den Staffelstab übergeben.
Nach dem Verlust der angestammten Räume habe man zunächst mal eine Pause eingelegt, um das Ganze zu realisieren, so Stefan Pennartz, Brause-Mitglied seit 2013. Nach dem überraschenden Abriss des Geländes, organisierte man eine Demo, um auf die Situation der Subkultur in Düsseldorf im Allgemeinen und der Brause im Speziellen aufmerksam zu machen. Das war im Dezember 2019. Kurz darauf kam Corona. Trotz der Pandemie habe man 2020 in Form einer digitalunterstützten Schnitzeljagd am „40 Grad Urban Art Festival“ teilgenommen, erzählt das Vorstandsmitglied: „Diverse Online-Formate haben wir ebenfalls ausprobiert.“ Parallel sei die Raumsuche natürlich weitergegangen, auch wenn sie sich schwieriger gestaltete als zunächst gedacht. Anfangs sei man „zu blauäugig an die Sache ran gegangen“, gesteht Pennartz, mittlerweile habe man dazugelernt. Problematisch werde es immer dann, wenn Nutzungsänderungen notwendig seien, die genehmigt werden müssen. Das verschrecke potenzielle Vermieter. „Die Räume, die für uns infrage kommen, müssen diverse bautechnische Kriterien erfüllen. Und natürlich sind Lärmschutzbedingungen auch ein Thema.“ Trotz Pandemie habe man sich in den vergangenen zwei Jahren ungefähr um zehn bis 15 Alternativen bemüht, „an einigen Objekten sind wir immer noch dran“. Die Stadt versuche bei der Raumsuche durchaus zu unterstützen. „Sie schlagen uns mögliche Objekte vor, um die wir uns bewerben können, und haben darüber hinaus auch Hilfe bei der Beantragung einer Nutzungsänderung angeboten.“ Groß muss die neue Kultur-Bleibe gar nicht sein. Die Räume an der Bilker Allee hatten gerade mal 30 Quadratmeter. „Mit wenig Platz kennen wir uns also aus.“ Strom und Wasseranschluss brauche man natürlich. Darüber hinaus ein bis zwei Toiletten und einen kleinen Lagerraum. Freundliche Nachbarn seien ebenfalls wünschenswert, ein freistehendes Objekt vermutlich ideal.
Für eine Stadt wie Düsseldorf dürfte das schon ein umfassender Anforderungskatalog sein. Zumal der Kunstverein ungern mehr als 700 Euro monatlich an Miete zahlen möchte. Ein Licht am Horizont gibt es dennoch: Die ehemaligen öffentlichen Toiletten am Kirchplatz sind seit einigen Wochen als Ausweichquartier im Gespräch. Die sind allerdings sanierungsbedürftig. Die Stadt prüft derzeit die Höhe der Sanierungskosten. Zum möglichen Einzugstermin kann Pennartz folgerichtig noch nichts Konkretes sagen. „Bis es so weit sein könnte, wird es aber bestimmt noch zwei oder drei Jahre dauern.“ Dann dürfte wieder kostenlos Kultur genossen werden. Der Eintritt kostet in der Brause traditionell nicht mehr als ein Lächeln.
Brause
Gründungsjahr: 2001
Ohne Räumlichkeit seit: 2019
Mitglieder derzeit: ca. 90
Mitgliedsbeitrag: 5 Euro/Monat
Perspektive: Ehemalige öffentliche Toiletten Kirchplatz
Teil 2 über das damenundherren erscheint in Kürze.