Alex Karschnia (andcompany&Co.) im Interview – „Die einzelne Ameise darf doof sein“

In ihrer jüngsten Produktion „Global Swarming“ begibt sich das Berliner Performance-Kollektiv andcompany&Co. gemeinsam mit seinem New Yorker Künstler-Freund Noah Fischer in die Welt der Ameisen. theycallitkleinparis fand das sehr spannend und hat deshalb mit Alex Karschnia von andcompany&Co. gesprochen.

In einem Interview habt ihr gesagt, dass ihr in spätestens sechseinhalb Jahren definitiv mit Ameisen tauschen würdet. Warum?
Die Zeit, die Klimakatastrophe aufzuhalten, schwindet. Eine neue „Heißzeit“ überleben Ameise besser als Menschen, sie haben das ja schon mal erlebt. Es scheint fast so, als bildeten sie einfach die nachhaltigere Zivilisation.

In eurer jüngsten Produktion „Global Swarming – The Science of the Antz“ begebt ihr euch gemeinsam mit eurem New Yorker Ku¨nstler-Freund Noah Fischer in die Welt der Ameisen. Was fasziniert euch an den Krabblern? Und: Was können wir Menschen von den Ameisen lernen?
„Geh zur Ameise“ heißt es schon in der Bibel: Die Krabbler-Faszination hat Tradition! Lange Zeit galten Ameisen als emsig, Bienen als fleißig und so weiter. Das hat sich als Quatsch herausgestellt. Ameisen arbeiten gar nicht so viel. Aber sie teilen die Arbeit geschickt untereinander auf. Sie verfügen über echte Schwarmintelligenz: Die einzelne Ameise darf doof sein, aber zusammen sind sie superschlau. Bei uns ist es ja eher umgekehrt.

In eurem Bühnenstück machen die Menschen gemeinsame Sache mit den Ameisen. Mit welchem Ziel?
Ameisen können den CO2-Gehalt in der Luft messen. Wir Menschen mussten dazu erst ein komplexes wissenschaftliches System errichten. Während wir immer mehr CO2 freisetzen, arbeiten die Ameisen daran, CO2 im Boden zu binden. Wissenschaftler:innen sind verblüfft, wie groß der Beitrag der Ameisen zur Stabilisierung des Klimas ist. Statt hochriskante Geoengineering-Projekte zu entwickeln, sollten wir uns also zusammentun: CANCEL INDUSTRIAL CO2!

Wie seid ihr bei der Entwicklung des Stücks vorgegangen?
Wir recherchieren viel – jede:r bringt etwas anderes mit. Noah hat uns auf die „Sting Science“ aufmerksam gemacht, einen amerikanischen Schmerzforscher. Andere haben sich die „Ant Man“-Filme reingezogen. Ich habe systematisch eine systemtheoretische Faszinationsgeschichte durchgeackert… Auf der Probe mixen wir dann alles wild durcheinander.

Wie setzt ihr das Thema auf der Bühne um? Was erwartet die Zuschauer?
Wir haben eine Art Labor errichtet, in der wir Versuche mit uns selbst anstellen. Das Ganze zieht sich über vier Phasen – ähnlich wie in Saul Bass’ B-Movie „Phase 4“ von 1974, in dem die Ameisenforscher plötzlich merken, dass sie von den Ameisen beobachtet werden. Am Ende verschmelzen beide Spezies.

Ihr behandelt ein über die Maßen ernstes Thema ebenso humor- wie fantasievoll. Kann man die Menschen so eher mit der Thematik erreichen? Wie sind die Reaktionen auf das Stück bisher?
Ameisen werden immer beliebter, sie haben sogar die Bienen abgehängt. Ich hoffe, wir konnten wenigstens ein bisschen dazu beitragen! Für uns war es das erste Stück, das man dem neuen Genre der „Climate Fiction“, kurz Cli-Fi, zuordnen könnte. Ich denke, in den nächsten Jahren werden wir zu kaum etwas anderem arbeiten – wie Naomi Klein schon sagte: „This changes everything“.

27.+28.1., jeweils 20 Uhr, FFT Düsseldorf

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