Während andere Kultureinrichtungen noch im Post-Weihnachtsschlaf sind, geht man im Tanzhaus NRW bereits in der Woche nach Heilige Drei Könige wieder zum Normalbetrieb über: Zwischen dem 9. und 13. Januar steht an der Erkrather Straße 30 die jüngste Ausgabe von „Temps d’Images“ auf dem Programm. Im Zentrum des Festivals einmal mehr künstlerisch-choreografische Arbeiten an den Schnittstellen von Tanz und Technologien, die die intensive Durchdringung von realen und virtuellen Welten ausloten. Die eingeladenen Bühnenstücke und Installationen entwerfen neue Konzepte von Körperlichkeit zwischen Biologie und digitaler Technik, die ein ‚phygitales‘ Erleben von Körperlichkeit möglich machen. Unsere Wirklichkeit erfahren wir längst phygital – das heißt physisch und digital zugleich. Das Marketing-Kunstwort beschreibt die Fusion von online und offline in unserer Zeit, die von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz geprägt ist. In der aktuellen Ausgabe von „Temps d‘Images“ wird das Publikum jeweils in die hybriden Welten einbezogen, Zuschauer:innen werden zu Teilnehmer:innen oder sogar zu Akteur:innen.
Ein weiterer Aspekt, der das Festival 2024 prägt, ist die Ausrichtung auf Forschung und work-in-progress. Das Tanzhaus ist zurzeit Teil des dreijährigen EU-Projekts Movement, Digital Intelligence and Interactive Audience, kurz MODINA. Im Rahmen von MODINA forschen Tanz- und Medienkünstler:innen zu künstlicher Intelligenz und der Interaktion mit Publikum. Christine Bonansea und Chris Ziegler sind die ersten Residenzkünstler:innen von MODINA am tanzhaus nrw. Am 13.1. ab 18 Uhr geben sie bei freiem Eintritt einen Einblick in ihren Arbeitsprozess. Bonansea und Ziegler experimentieren mit einem Motion-Capture-Anzug und entwickeln ein Pas de Deux zwischen einer:m menschlichen Tänzer:in und einem VR-Avatar in einer Feedbackschleife.
Einer der Höhepunkte des diesjährigen Festivals dürfte die Produktion „Gamer“ von Christine Bonansea werden, die am 9. und 10.1. jeweils um 20 Uhr im Tanzhaus zu erleben ist. Mit digitalen 3D-Traumlandschaften, Sensoren, Lasermice-Robotern und menschlichen Körpern auf der Bühne hinterfragt das Stück in Auseinandersetzung mit der Videospielkultur und der Lehre von Archetypen unsere Wahrnehmung von Raum und Zeit in virtuellen und realen Räumen. „Gamer“ entstand als Zusammenarbeit eines multidisziplinären Teams von Künstler:innen und basiert auf einem engen Austausch zwischen Bonansea, So Kanno, der die Sensoren für Lasermice-Roboter kreiert, der Komponistin elektronischer Musik Nicole Carroll und dem visuellen Künstler und Designer Lucas Kuzma.
Zu einer getanzten Stadtführung laden die Kölner Tanzkünstler:innen Douglas Bateman, Hend Elbalouty und Maria Mercedes Flores für den 13.1., 15 Uhr ein. „City Groove“ nutzt eine neu entwickelte Smartphone-App, die wie eine mobile Silent Disco funktioniert. Die geführte Tour macht sich Elemente des Spieldesigns zu eigen, um sich mit der städtischen Umwelt auseinanderzusetzen. Die App verwandelt die Stadt sozusagen in einen digitalen Treffpunkt. Noch ist alles in der Entwicklung, die Präsentation im Rahmen von „Temps d’Images“ nur ein work-in-progress. Die fertige App soll, so der Plan, im Rahmen von geführten Touren im Sommer 2024 am tanzhaus nrw präsentiert werden. Teilnehmer:innen müssen sich die App herunterladen, um teilnehmen zu können. Tanzerfahrungen oder -kenntnisse sind nicht erforderlich. Alle Routen sind auch für Rollstuhlfahrer:innen zugänglich. Die Teilnahme ist kostenlos, man sollte sich aber vorher anmelden.
9.-13.1. Tanzhaus NRW, Düsseldorf