Mood Taeg Kollektiv im Interview – „Die Leute können mitbringen, was sie möchten“

Kennengelernt haben sie sich in einem Flingeraner Plattenladen, der mittlerweile Geschichte ist. Heute ist das Mood Taeg Kollektiv in Düsseldorf ziemlich umtriebig unterwegs. Sie veröffentlichen Platten, legen auf, machen eine Radiosendung und geben ein Fanzine heraus. Und sie organisieren den Vinyl-Stammtisch, der monatlich im The Funky Deli auf der Brunnenstraße stattfindet. theycallitkleinparis hat mit Kollektiv-Mitglied tdk* gesprochen.

Hinweis: Die Mitglieder des Kollektivs möchten, dass ihre Aktivitäten im Vordergrund stehen, nicht sie als Personen. Deshalb verwenden sie Pseudonyme.

Seit wann gibt es das Mood Taeg Kollektiv und wer steckt dahinter?
Das Mood Taeg Kollektiv entstand aus einer Freundschaft, die 2018 im alten Plattenladen Beat Retreat in Düsseldorf begann, der leider inzwischen geschlossen ist. Dort haben K’ko und ich Faible kennengelernt, und wir haben uns wegen unserer gemeinsamen Vorlieben für Jazz, Hip-Hop, Electronica, Krautrock und ein bisschen Soul und Funk schnell angefreundet. Später kam dann noch CHI-cek dazu, und so bildeten wir den Kern des Kollektivs.

Seit wann veranstaltet ihr den „Vinyl-Stammtisch“?
Wir organisieren den „Mood Taeg DJ Kollektiv Vinyl-Stammtisch“ jetzt seit etwas über einem Jahr – unsere erste Nacht war im Oktober 2023.

In welchem Turnus findet er statt?
Er findet einmal im Monat statt, normalerweise am letzten Freitag des Monats, aber das kann sich manchmal ändern, je nachdem, wie der Veranstaltungsort – The Funky Deli – verfügbar ist.

Wie ist das Konzept der Abende?
Das Konzept ist ziemlich simpel. Wir wollen eine kleine Vinyl-Community aufbauen, in der Leute – keine Superstar-DJs – einige ihrer Lieblingsplatten mitbringen, auflegen und andere Musikliebhaber:innen kennenlernen können. Fähigkeiten zum Auflegen werden hier nicht bewertet und jedes Musikgenre ist willkommen. Man muss auch nicht unbedingt auflegen, um dabei zu sein. Alle sind herzlich eingeladen, einfach nur zuzuhören. Jeder Abend gehört denjenigen, die mitmachen, und wird dadurch ganz individuell gestaltet. So gleicht kein Abend dem anderen. Es ist uns wichtig, dass der Abend inklusiv und einladend wirkt und zeigt, dass die Vinyl-Community weit mehr als eine männlich dominierte Szene ist. Natürlich kann der Begriff „Vinyl-Stammtisch“ auf den ersten Blick ausschließend wirken, aber jede Community braucht ja ein zentrales Thema, um das sie sich gruppiert, oder? DJing ist heutzutage allgegenwärtig und, ehrlich gesagt, finde ich das Konzept des Superstar-DJs total langweilig – dabei geht es mehr um Ego und Show als um die Musik. Unser Stammtisch soll einfach ein kleiner Gegenpol dazu sein. Ein besonderer Dank geht an Mark vom Beat Retreat, von dem ich zum ersten Mal den Begriff „Vinyl-Stammtisch“ gehört habe.

Muss man sich, wenn man auflegen möchte, vorher anmelden?
Nein, um Fairness für alle zu gewährleisten, gibt es keine Möglichkeit, Slots im Voraus zu reservieren. Zu Beginn jedes Stammtischs gibt es eine leere Tafel, und die Leute müssen persönlich da sein, um ihren Namen in einen freien Slot einzutragen. So vermeiden wir jeden Eindruck von Bevorzugung und sorgen dafür, dass alle die gleiche Chance haben, am Abend aufzulegen.

Wie viele Slots werden maximal vergeben?
Jeder Slot dauert 15 Minuten, und da wir von 18:30 bis 22:00 Uhr laufen, gibt es insgesamt 14 Slots.

Wie breit muss man sich das musikalische Spektrum vorstellen?
Die Leute können mitbringen, was sie möchten. Das ist ein wichtiger Teil der Philosophie hinter dem Stammtisch. Bei uns haben schon Leute Platten aus Nepal, Gospel Soul, New Wave und Post-Punk, Techno, Minimalistische Elektronika und türkische 45er gespielt.

Welches Publikum kommt zu den Abenden?
Es kommt eine bunte Mischung von Leuten. Es gibt eine Gruppe von Stammgästen, die zu jedem Stammtisch kommt, aber um diese Gruppe herum haben wir viele Leute, die aus verschiedenen Gründen dabei sind. Es gibt junge Leute, die Vinyl als Format gerade für sich entdecken und einen Raum suchen, in dem sie ihre Platten auflegen können, ohne DJ-Skills zu haben. Aber auch ältere Menschen, die in ihrer Jugend eine Vinylsammlung hatten und jetzt wieder anfangen, Platten zu spielen. Es ist wirklich eine Vielzahl an Leuten, und wir wissen nie genau, wer kommen wird, bis die Leute an dem Abend auftauchen.

Wie konzentriert wird der Musik gelauscht?
Die Musik steht im Mittelpunkt, aber auf eine lockere Weise. Die Teilnehmenden hören interessiert zu, tauschen sich aber auch aus und genießen das Zusammensein, während sie sich gleichzeitig unterhalten und neue Bekanntschaften knüpfen. Unser Ziel ist es, eine echte Community aufzubauen – ohne dass eine einzelne Person, also die Person hinter den Platten, im Mittelpunkt steht. Der Abend lebt vom Miteinander und der Freude an der Musik, ohne dass absolute Stille oder volle Konzentration erforderlich sind. Jede:r kann also die Musik auf eigene Weise erleben.

Welches Set ist euch selbst besonders in Erinnerung geblieben?
Das ist eine schwierige Frage, weil es viele Sets gab, die ich genossen habe, und ehrlich gesagt ist es mir lieber, keine qualitative Bewertung der Musik vorzunehmen, die gespielt wird. Für mich geht es weniger um die Sets und mehr um die Energie, die die Leute zu den Stammtisch-Abenden bringen. Wie ich schon sagte, jeder Abend hat seinen eigenen Charakter, weil immer andere Leute dabei sind, und das größte Vergnügen für mich ist, zu sehen, wie die Leute, die spontan kommen, den Abend mit ihren Beiträgen selbst gestalten.

Welchen Sound legt ihr selbst auf?
Ich selbst lege fast nie beim Stammtisch auf. Der Grund dafür ist, dass der Abend dazu da ist, den Leuten einen Raum zu bieten, um zusammenzukommen und Teil ihrer Vinyl-Community zu sein. Wenn ich mir einen Slot nehme, bedeutet das nur, dass jemand anders die Chance verliert, Teil des Abends zu sein, und das widerspricht der Philosophie des Vinyl Stammtischs. Aber wenn ich auflegen würde, dann würde ich ein Jazz-Fusion-Set spielen.

Wo ist das Mood Taeg DJ Kollektiv demnächst zu erleben?
Unser Sommer war vollgepackt mit DJ-Sessions, und wir möchten uns herzlich bei allen Locations bedanken, die uns eingeladen haben – darunter das 40 Grad Urban Art Festival, Areal Böhler, Stadtstrand, The Dorf The Market und der Büdchentag. Außerdem haben wir zwei Alldayer im Nilsson veranstaltet. Jetzt richten wir unseren Blick auf den Winter, wo es ruhiger wird. Im Moment stehen nur zwei Events fest in unserem Kalender: unser Saturday Soulful Alldayer am 19. Juli 2025 und unser Saturday Social am 30. August, beide im Nilsson.

Der Vinylstammtisch ist nicht eure einzige Aktivität. Ihr gebt auch ein Fanzine heraus und habt eine eigene Radiosendung. Gebt uns doch mal einen kleinen Überblick über euer Tun!
Haha, ja, wir sind gern aktiv und vielseitig unterwegs! K’ko und ich sind als Mood Taeg unterwegs – eine Band, die oft dem Krautrock-Genre zugeordnet wird. Wir haben bereits zwei Alben veröffentlicht, „Exophora“ (2020) und „Anaphora“ (2021), und sind aktuell an unserem dritten Album dran. Faible ist zudem Foto-Künstler und hatte kürzlich eine Ausstellung mit dem Titel „Transformativ“. Außerdem veröffentlichen wir das Electric Sheep Fanzine, von dem bisher zwei Ausgaben erschienen sind. Es enthält Interviews mit kreativen Köpfen aus Düsseldorf und wird in einer limitierten physischen Auflage von nur 75 Exemplaren gedruckt. Dazu gibt es eine Kassette (Ausgabe 1) beziehungsweise eine CD (Ausgabe 2) mit Musik lokaler Künstler:innen. Eine digitale Version gibt es nicht – das passt zum analogen Geist des Vinyl-Stammtischs. Wenn jemand Interesse hat, im Fanzine vorgestellt zu werden, freuen wir uns über eine Nachricht. In diesem Jahr haben wir außerdem unser eigenes kleines Festival, das Sheepfest, im Rahmen der „Micro Pop Week“ kuratiert. Am 5. Oktober traten fünf Musiker*innen auf, und wir hoffen, das Festival 2025 erneut zu veranstalten. Als Teil des StreamD Radio-Rosters haben wir drei verschiedene Sendungen unter dem Mood Taeg Radio-Banner produziert: „Travelogue“, eine musikalische Reise durch unsere Plattensammlungen, „The Smiling Hour“, wo ich Songs aus der jazzigen Ecke meiner Sammlung gespielt habe, und die „Mood Taeg Radio DJ Sessions“, bei denen DJs aus Düsseldorf 60-minütige Sets aufgelegt haben. Die Sendungen pausieren gerade, da StreamD den Standort gewechselt hat, aber 2025 kehren wir zurück.

22.11., 18:30 bis 22 Uhr: Vinyl Stammtisch, Funky Deli, Brunnenstr. 22, Düsseldorf

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